Die BHC-Damen gewinnen erstmals in der
Vereinsgeschichte den Europapokal der Pokalsieger
Montag, 24. März, Finale in Paris: Slough LHC (ENG) – BHC 4:5 n.7m-Schießen (3:3; 0:1)
In einem an Dramatik kaum zu überbietenden Finale haben die Damen des Berliner Hockey-Club in Paris erstmals in der Vereinsgeschichte den Europapokal der Pokalsieger gewonnen. Elf Jahre nach dem Sieg im Europacup der Landesmeister in Amsterdam besiegte das Team von Trainer Safi Khalil den englischen Cupwinner Slough LHC allerdings erst im Siebenmeterschießen. 2:0 und 3:1 hatten die Berlinerinnen bis acht Minuten vor Schluss geführt, fingen sich dann nicht nur den Anschlusstreffer, sondern bei abgelaufener Spielzeit mit der letzten Strafecke auch noch den Ausgleich. Im Siebenmeterschießen wechselte Khalil dann Karoline Amm für Barbara Vogel ein und lag goldrichtig: Amm hielt drei Siebenmeter und wurde zur
Heldin.
„Das war kein Spiel für Menschen mit Herzproblematik, es sei denn, man wolle unbedingt sterben“, sagte Khalil, im Hauptberuf Mediziner, nach dem Abpfiff. „Der Sieg ist am Ende natürlich glücklich, aber auch absolut verdient. Das war ein typisches Finale, das wirklich alles zu bieten hatte. Gott sei Dank, am Ende auch den richtigen Ausgang für uns.“ Khalil hatte eine gute Partie seiner Schützlinge gesehen. Bereits in der vierten Minute hatte eine Stecher-Ecke auf Janina Totzke optimal geklappt und den BHC mit
1:0 in Führung gebracht. Mit der Führung im Rücken verteidigte es sich gegen gleichwertig mitspielende Engländerinnen etwas sicherer.
Bis zur 50. Minute sahen die Zuschauer in Paris ein verteiltes Match, das von zwei guten Abwehrreihen geprägt wurde. Dann setzte Lisa Hapke Natascha Keller im Kreis gut ein. Die Olympiasiegerin, die genau wie Badri Latif bereits 1997 beim Gewinn des Landesmeister-Europapokals dabei war, zog eine Linkskurve durch den Strafraum, ließ die Torhüterin mit einem Rückhandzieher aussteigen und vollendete zum 2:0. Doch Slough kam nur vier Minuten später zum Anschlusstreffer, als eine Engländerin im Nachschuss an eine Strafecke erfolgreich war. Der BHC hatte genau die richtige Antwort parat. Julia Karwatzky vollendete die vierte Strafecke der Berlinerinnen mit einem krachenden Schlenzer zum 3:1 (56.).
Nun sah eigentlich alles nach einem klaren BHC-Sieg aus, bis in der 62. Minute auch die Engländerinnen eine Stecherecke – flach und unhaltbar für Barbara Vogel – zum 2:3 verwandelten. Es begann das große Zittern beim
Berliner Anhang. Und es kam, wie es dann sooft kommt: In der Schlussminute erhielt Slough noch eine fünfte Strafecke zugesprochen, die bei herunter gelaufener Uhr noch ausgeführt werden musste. Vogel hätte diese wahrscheinlich sogar gehabt, aber ein Schläger fälschte die Kugel auf dem Weg zum Tor noch ab, so dass sie zum 3:3 im Gehäuse einschlug.
Da es im Europapokal keine Verlängerung gibt, wurden beide Teams gleich zum Siebenmeterschießen gebeten. Khalil entschied sich, seine Junioren-Nationalkeeperin Karoline Amm für A-Nationaltorhüterin Barbara Vogel zu bringen. „Das war vorher nicht so angekündigt, sondern
eine reine Bauchentscheidung“, verriet er später. Doch die sollte sich bezahlt machen.
Der erste Siebenmeter der Engländerinnen ging noch ohne Amms Zutun an den Pfosten. Svenja Schuermann verwandelte gewohnt sicher zum 1:0 für den BHC. Den zweiten englischen Siebenmeter hielt Amm dann. Ärger gab es auf BHC-Seite, als Lea Loitschs Siebenmeter nicht gewertet wurde, obwohl die Kugel aus Sicht der Berliner klar die Torlinie überschritten hatte. Danach versenkte auch Slough den ersten Siebenmeter zum 1:1. Doch Natascha Keller machte auch alles richtig und traf zum 2:1. Dann war Amm erneut nicht zu überwinden. Zwar verschoss danach auch Katharina Schultz, aber weil Amm schließlich auch den Ball der letzten englischen Schützin parierte, brauchte die letzte BHCerin gar nicht mehr anzutreten.
Stattdessen bildete sich eine einzige jubelnde Spielertraube über der 20-Jährigen, aus Leipzig zum BHC gewechselten Torfrau. „So sehen Sieger aus!“, sangen die Berlinerinnen bereits vor der eigentlichen Siegerehrung aus voller Kehle.
Tore im Überblick:
0:1 Janina Totzke (KE, 4.)
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0:2 Natascha Keller (50.)
1:2 Slough (KE, 54.)
1:3 Julia Karwatzky (KE, 56.)
2:3 Slough (KE, 62.)
3:3 Slough (KE, 70.)
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Siebenmeterschießen:
0:0 Slough an die Latte
0:1 Svenja Schuermann
0:1 Amm hält
0:1 Lea Loitsch verschießt
1:1 Slough trifft
1:2 Natascha Keller
1:2 Amm hält
1:2 Katharina Schultz verschießt
1:2 Amm hält und sichert damit den Sieg
Strafecken:
BHC 4 (2 Tore) / Slough 5 (3 Tore)
Stimmen
Kapitänin Franziska Stern: „Das ist der absolute Wahnsinn! Natürlich sagt man immer, dass beim Europacup alles möglich ist. Aber wir hatten Amsterdam und Slough eigentlich als so stark auf der Rechnung, dass wir nur gedacht haben, vielleicht können wir die ein bisschen ärgern. Und nun schreiben wir Clubgeschichte. Das ist einfach geil!“
Natascha Keller: „Das ist noch einmal etwas ganz Neues auch für mich. Badri und ich haben vorher noch geflachst, dass uns dieser Titel noch fehlte. Die beiden Spiele zu Beginn waren einfach schon gut. Da haben wir endlich mal richtig viele Tore geschossen, was sonst ja immer die Stärke der
Holländerinnen ist. Gegen Amsterdam war das ein typisches Deutschland-gegen-Holland-Spiel – die haben das Spiel gemacht, wir haben super verteidigt und am Ende das Remis geholt, das wir brauchten. Und heute war es wieder so ein schweres Spiel. Als wir den Vorsprung verloren hatten und ins Siebenmeterschießen mussten, habe ich mich erst geärgert, dass wir das nicht klar gemacht haben, aber dann habe ich mich an die letzten beiden Siebenmeterschießen im Europapokal erinnert, die uns jedes Mal im Spiel um Platz drei die Bronzemedaille beschert haben, und da wusste ich, dass wir das jetzt auch gewinnen!“
Barbara Vogel: „Wir hatten vorher nicht darüber geredet, was passiert, wenn es Siebenmeterschießen gibt. Als dann Karoline ins Tor sollte, war das für mich absolut okay, denn das ist schon eine Spezialität von ihr. Ich habe ihr nur gesagt, dass ihre Reflexe so super sind, dass sie nicht zu agieren, sondern nur zu reagieren braucht - das hätte sie wohl aber ohnehin so gemacht. Ich fand schon das Amsterdam-Spiel einen absoluten Kracher. Wir haben von Spiel zu Spiel gedacht bei diesem Turnier, und uns gut gesteigert. Jetzt wird erstmal richtig gefeiert!“
Karoline Amm: „Natürlich habe ich ein bisschen darauf gehofft, dass ich rein darf, wenn es ein Siebenmeterschießen gibt, weil ich da einen Faible für habe. Und es ist toll, wenn einem dann das Vertrauen in solch einer Situation gegeben wird. Ich hatte gleich ein gutes Gefühl. Zwar kennt man die gegnerischen Schützen nicht, aber das ist ja ein komplexer Prozess, der da abläuft. Ich habe auf die Schlägerstellung geschaut und darauf, wie die Schützin zum Ball steht, und dann einfach nur reagiert. Wir fahren jetzt zum Flughafen, kommen heute Abend in Berlin an und werden dann im Clubhaus richtig Party machen!“
Torschützen des Berliner HC beim Europapokal in Paris
Schütze gesamt aktuell
1. Natascha Keller 4 1
1. Katharina Schultz 4 -
3. Julia Karwatzky 3 1
3. Annika Melchert 3 -
5. Lisa Hapke 2 -
6. Inken Arnold 1 -
6. Nina Laudahn 1 -
6. Lea Loitsch 1 -
6. Svenja Schuermann 1 -
6. Janina Totzke 1 -
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