Matthias Witthaus: „Zufriedenheit ist gefährlich“

Der 307-fache Nationalspieler deutet an, dass mit ihm noch bis Olympia 2012 in London zu rechnen sein könnte, wenn der Spaß bleibt

Matthias Witthaus muss selbst schmunzeln, wenn man ihn auf den „Seniorenstatus“ im deutschen Team für die WM 2010 in Indien anspricht. „Ich bin doch erst 27 Jahre alt. Aber es stimmt schon. Weil ich mit 16 Jahren schon angefangen habe im A-Kader und selbst von all denen, die erst später hinzu kamen, kein einziger mehr mitspielt, habe ich da schon einen Sonderstatus.“ Elf Jahre hat „Witti“ inzwischen im deutschen Herrenkader absolviert. Zwei Weltmeister-titel, zwei gewonnene Europameisterschaften, drei Olympia-Teilnahmen, eine olympische Goldmedaille und 307 Länderspiele später ist der Ausnahmestürmer für die deutsche Mannschaft so wertvoll wie eh und je – oder sogar ein bisschen mehr.

Kein Wunder, dass Matthias Witthaus oft gefragt wird, wie lange er denn noch weiter spielt. Doch da winkt der zurzeit in Barcelona spielende Sportstudent ab: „Ich habe mir nie weite Ziele gesteckt, sondern denke von Turnier zu Turnier. Im Moment macht es mir unglaublich viel Spaß mit dieser jungen Mannschaft. Aber sollte der Spaß einmal von heute auf morgen weg sein, dann höre ich auf.“ Egal, ob er dann gerade 341 Länderspiele habe (Rekord-Nationalspieler Philipp Crone hat 342 Mal das DHB-Dress getragen). Solche Dinge seien ihm nicht so wichtig, das seien Randnotizen.

London 2012 – der große Traum von vierten Olympischen Spielen

Die Wahrscheinlichkeit, dass „Witti“ doch der neue Rekord-Internationale wird, ist dennoch recht groß. Schließlich lässt er doch durchblicken, dass Olympia 2012 in London der große Traum sei, den er gern weiterleben möchte. Die vierten Olympischen Spiele mitzuspielen und dann noch eine Medaille zu gewinnen, wäre genau der Abschluss der Karriere, den der im Oktober 27 Jahre alt gewordene Offensivspezialist sich wünschen würde. Zudem hat er Lebensgefährtin Julia, mit der er zurzeit in Spanien lebt, versprochen, dass sie dort dann mit vor Ort sein solle.

Zur WM nach Indien wird Julia nicht mitfliegen. Aber Matthias Vater, der nahezu alle großen Turniere besucht hat, an denen sein Sohn im Laufe des guten Jahrzehnts rund um den Globus mitgespielt hat, hat angedeutet, dass er im späteren Verlauf des Turniers noch nach Neu Delhi reisen würde. „Eigentlich muss er ja auch, denn er hat immer Glück gebracht“, sagt der Sohn. „Witti“ freut sich richtig über die „Underdog“-Rolle, die das extrem verjüngte deutsche Team bei der WM hat. „Das macht richtig Spaß. Wir sind Außenseiter auf den Titel, aber aus der Position heraus kann man gut angreifen.“

„Die anderen haben uns wieder auf der Rechnung!“

Der Routinier warnt sein Team aber auch: „Die Zufriedenheit durch das gute Abschneiden bei der Champions Trophy in Melbourne ist eine große Gefahr. Nach Melbourne sind wir ohne Druck und große Erwartung gefahren. Der zweite Platz dort macht es für uns jetzt aber viel schwerer. Auf keinen Fall darf die Spannung abfallen, die uns in Melbourne über Wasser gehalten hat, weil wir unbedingt vermeiden wollten, gegen Australien, Spanien oder Holland unter die Räder zu geraten. Jetzt haben uns die anderen wieder auf der Rechnung, werden uns nicht unterschätzen!“

Gefallen hat dem 132-fachen Torschützen im DHB-Trikot, wie neben ihm im Angriff Youngster Florian Fuchs bei der Trophy auftrat. „Das ist seit langem mal wieder ein richtig großes Talent im Sturm. Aber generell haben viele ihre neue Rolle im Team gefunden. Olli Korn macht das im Mittelfeld sehr gut. Und gegen Max Müller und Martin Häner in der Innenverteidigung möchte ich persönlich nicht spielen – die sind ganz schön unangenehm als Gegenspieler.“

Studium bis 2012 endgültig abschließen

Witthaus ist neben dem Platz alles andere als ein extrovertierter Typ. Gemeinsam mit Standard-Zimmergenosse Benjamin Weß zieht er sich vor Spielen recht früh aufs Zimmer zurück. Zum Ritual gehört dann noch der „Konsum“ einer Hörbuch-Folge der Krimiserie „Drei Fragezeichen“. Nach Neu Delhi wird „Witti“ die Saison in Spanien zu Ende spielen. Was danach kommt, hat er noch nicht abschließend geplant.

Sein Studium (Sport auf Diplom, mit den Schwerpunkten Medien- und Kommunikationswissenschaften im Hauptstudium) will und muss er bis 2012 abschließen, weil der Studiengang dann ausläuft. 2011, im Jahr der Heim-EM in Mönchengladbach, will er dafür alle Klausuren geschrieben haben, um die Diplomarbeit zu schreiben. Für die 36 Länderspiele bis zum neuen Rekord-Nationalspieler sollte da noch Platz sein. Sieben davon sollten nach der WM bereits abgehakt sein, aber das wird er selbst gar nicht mitzählen. Sein zweite Traum neben der Teilnahme an den vierten Olympischen Spielen handelt vom dritten Edelmetall bei der dritten Weltmeisterschaft in Folge – am liebsten goldenes...

Steckbrief:

Name: Witthaus, Matthias

Spitzname: Witti

Nummer: 22

geboren: 11. Oktober 1982

Position: Stürmer

Verein: Real Polo Club Barcelona

Vorherige Clubs: Uhlenhorst Mülheim (Jugend), Crefelder HTC, Atletico Terrassa

Abschluss: Abitur

Job: Student

Studium: Sport, 10. Semester

Internationale Erfolge: Olympiasieger 2008, Weltmeister 2002 & 2006, Europameister 1999 und 2003, Vize-Europameister 2009, Champions Trophy Sieger 2007

Nationale Erfolge: Deutscher Feld- und Hallenmeister, Europapokalsieger Feld und Halle, Spanischer Meister 2008 und 2009