Unbekümmert ins Finale

hockey.de-WM-Kolumnist Joo-Seuk Maing über den Halbfinaltag in Delhi

11.03.2010 - Jetzt steht Deutschland also im WM-Finale gegen Australien! Die deutsche Auswahl gewann ihr Halbfinale ziemlich souverän mit 4:1 gegen England, und man hatte als Betrachter unter den leider nur rund 2000 Zuschauern im zu drei Viertel leeren Stadion nie das Gefühl, dass England wirklich eine Chance in diesem Spiel hatte. Selbst unabhängige Beobachter wie Viren Rasquinha, ehemaliger Kapitän der indischen Nationalmannschaft, sind fasziniert von der Unbekümmertheit der deutschen Mannschaft, die sie unbeschwert aufspielen ließ. Und das mit dieser wahnsinnig jungen Truppe. Man ist weiterhin die unbesiegte Mannschaft des Turniers (als einzige unter zwölf), und im Finale am Samstag wird man alles daran setzen, es dabei zu belassen.

Sicher, Matthias Witthaus, erneut „Man of the Match“ und Besitzer eines nagelneuen Hero Honda Motorrads, ist eine ständige Gefahr für gegnerische Abwehrreihen, und Martin Häner eine sichere Bank in der Verteidigung, er wurde im Halbfinale erneut gewählt zum „Man of Steel“ und bester Verteidiger. Aber auch der Rest der Mannschaft präsentierte sich stark und als überaus homogene Truppe, in der die Teamleistung extrem beeindruckend ist. Die deutsche Mannschaft erschien im Halbfinale zudem frischer und fitter. Das englische Team konnte die vielen Verletzungen (allen voran Richard Mantell, dem mit Knöchelbruch im dritten englischen Turnierspiel ausgeschiedenen Abwehrchef und Haupteckenschützen) in Summe nicht kompensieren und blieb hinter den Leistungen der Europameisterschaft 2009 zurück. Auch Offensivstar Ashley Jackson war lange nicht so effektiv wie in den bisherigen Spielen, wurde aber auch stark von den deutschen Spielern „zugemacht“.

Der zu Beginn der WM als bessere B-Mannschaft belächelte deutsche Nationalkader hat in beeindruckender Weise das Finale erreicht, und nun geht es gegen den Erzrivalen Australien, der bereits Endspielgegner 2002 (2:1 für Deutschland) und 2006 (4:3) war. Sind die Australier bisher allgemein als größter Titelfavorit gehandelt worden, so sind für mich nach den Eindrücken des heutigen Tages sogar die jungen Deutschen im Finale leicht favorisiert.

Das zweite Halbfinale Australien – Niederlande hatte zwar doppelt so viele Zuschauer im Stadion, war deutlich schwächer als das deutsch-englische Halbfinale. Auf Seiten der Holländer hat man einen strukturierten Spielaufbau vermisst, und die Australier wurden immer nur dann richtig gefährlich, wenn Kapitän Jamie Dwyer per Einzelleistung vor das niederländische Tor kam. Am Ende stand ein verdienter 2:1-Sieg für die Australier, die über das komplette Spiel mehr investiert haben.

In der Pressekonferenz wurde Matthias Witthaus als Spanien-Legionär gefragt, was Spanien machen müsste, um wieder an die Weltspitze zu stoßen, darauf hat Bundestrainer Markus Weise geantwortet: „you need german players..." - ihr braucht deutsche Spieler...!

Notiz am Rande: Nach dem enttäuschenden Abschneiden von Rekordweltmeister Pakistan, der heute nach der 2:3-Niederlage gegen Kanada den zwölften und letzten Platz belegte, erklärte die gesamte Mannschaft geschlossen ihren Rücktritt. Und es gibt bereits viele Anfragen von Indien über das Gesamtsystem Hockey in Deutschland. Die Außenstehenden rätseln über ein deutsches Geheimrezept, was man gerne auch in Indien kopieren würde...