Deutsche Damen mit hoch dramatischem zweiten Sieg
Sonntag, 18. August, EM-Vorrunde: Deutschland – England 2:1 (1:1)
18.08.2013 - Die deutschen Damen bleiben bei der Europameisterschaft in Boom in der Erfolgsspur. Nach dem 1:0 am Samstag über Schottland zeigte die Mannschaft beim hoch dramatischen 2:1-Erfolg über England eine Steigerung und große Kämpferqualitäten. Marie Mävers hatte das DHB-Team kurz vor der Pause verdient in Führung gebracht, bevor Giselle Ansley fast mit dem Pausenpfiff ausglich. Nach dem Wechsel dann das 2:1 wieder durch Mävers per Eckenvariante. England stemmte sich gegen die Niederlage, konnte das Match aber nicht mehr wenden. Nun reicht theoretisch ein Remis am Dienstag gegen Spanien (2:1-Sieger gegen Schottland), um das Halbfinale zu erreichen.
Bundestrainer Jamilon Mülders: „Es geht hier ja nicht um einen Schönheitspreis, deshalb ist mir das Wie auch völlig egal. Ich habe gesagt, dass die Mannschaft mit den Aufgaben wachsen wird, und sie hat in der ersten Halbzeit taktisch vieles sehr gut gemacht. Natürlich gab es in der zweiten Hälfte auch mal ein paar Wackler, als England Druck machen musste, aber das ist völlig normal. Wir haben leidenschaftlich verteidigt und uns das geholt, was wir brauchten, haben nun sechs Punkte und sind im Turnier angekommen!“.“
Vor dem Spiel wurden Jana Teschke für ihr 50. Länderspiel im DHB-Dress und Nina Hasselmann für ihr 150. Länderspiel geehrt.
Mit einem Wachrüttler fing das Match für die Deutschen an. Der Ball wurde im Aufbau verloren und Kim Platten musste schon nach 20 Sekunden eingreifen, machte ihre Sache aber hervorragend. Danach übernahmen die Deutschen das Heft des Handelns. Kapitänin Julia Müller hatte schon im Huddle vor Spielbeginn von ihrem Team gefordert: „Wir gehen vorn drauf und zerstören deren Spiel!“ Das gelang natürlich nicht immer – vor allem über rechts versuchten es die Engländerinnen in der Anfangsphase, selbst zu Torchancen zu kommen, doch die Deutschen standen nach dem Anfangslapsus sicherer.
Die erste ganz große Chance für das DHB-Team in der 8. Minute, als Krüger vom Kreisrand schoss und Hannah Gablac noch zwei Nachschusschancen hatte, aber an Maddie Hinch scheiterte. Auch bei der nachfolgenden ersten Ecke scheiterte Tina Bachmann an Hinch und Nina Hasselmann war nicht handlungsschnell genug für den möglichen Nachschuss, so dass eine Engländerin klärte. Danach ein etwas ungenaues Spiel beider Teams mit vielen Pass- und technischen Fehlern bei beiden Teams, die kaum mal in den Kreis kamen. Lea Stöckel leitete dann in der 14. Minute den nächsten starken Angriff mit einem tollen Sololauf ein. Franzisca Hauke traf nur in guter Schussposition den Ball nicht richtig.
Eine englische Abwehrspielerin musste zudem mit Grün raus, weil sie die junge Stöckel-Schwester hart angegangen war. In Überzahl gab es gleich noch eine Riesenchance für Eileen Hoffmann, aber erneut kam der Abschluss in aussichtsreicher Position zu überhastet (15.). Als England wieder komplett war, musste dann auch mal wieder Platten ran, als sie eine gefährliche Flanke von rechts sehr gut entschärfte (17.) - hinter ihr hätte eine Engländerin nur einblocken müssen.
Ansonsten Vorteile für die Deutschen, die mehr Ballbesitz hatten und auch mehr Chancen heraus spielten. Was fehlte, war nach 20 Minuten der inzwischen verdiente Führungstreffer. Jana Teschke sah dann Grün wegen Wegspielen des Balles (20.) und prompt hatte England eine Großchance in Überzahl, die Platten aber wieder ganz stark parierte (21.). Ansonsten hielten die Mülders-Schützlinge England gut vom Kreis fern, überstanden die Unterzahl unbeschadet. Die schottische Schiedsrichterin zeigte kurz darauf bei einem klaren Foul an Maike Stöckel, das den schnellen Aufbau verhinderte, keine Karte – sehr zum Unwillen der deutschen Mittelfeldspielerin.
Platten zeigte in der 22. Minute gegen MacLeod ihre ganze Klasse, als sie deren Ball aus einem Meter großartig parierte. Ein sehr guter Rechtsangriff brachte schließlich die Führung für das deutsche Team, als Lena Jacobi rechts am Kreis auf Marie Mävers weiterleitete, die am rechten Pfosten mit einem Stecher den Ball an Maddie Hinch vorbei zum 1:0 (28.) ins Tor beförderte. Julia Müller hatte die nächste Großchance, als sie mittig am Kreis zum Schuss kam (33.), aber gerade noch abgeblockt werden konnte.
Eigentlich hatte man die Engländerinnen gut im Griff, doch dann passierte ein Lapsus in der Abwehr, so dass Sekunden vor Abpfiff noch der Ausgleich fiel. Ein von Platten abgewehrter Ball wurde Giselle Ansley am Siebenmeterpunkt auf den Schläger serviert und diese schrubbte die Kugel dankend unter die Latte zum 1:1 (35.) ein – unhaltbar für Kim Platten. So ging es mit einem für England vielleicht etwas schmeichelhaftem 1:1 in die Pause.
Deutschland hatte etwas mehr vom Spiel und auch mehr Chancen. Andererseits hatte man die Engländerinnen auch nicht ganz so konsequent vom eigenen Tor fern halten können, so dass der Treffer für die Olympia-Dritten auch nicht ganz aus dem Nichts kam. Nach dem Wechsel gleich wieder ein Einsatz für Platten nach Ballverlust im Mittelfeld, aber die Münchnerin machte ihre Sache gut. Hauke wurde dann kurz vor Tor im englischen Kreis gerade noch gestoppt. Das DHB-Team übernahm wieder die Spielkontrolle, presste England früh. „Das hat mir super gefallen, dass die Mädels trotz des 1:1 direkt vor der Pause einfach weiter gespielt haben und sich nicht davon haben beeinflussen lassen“, lobte der Bundestrainer später.
Doch auch England machte nun bei deutschem Aufbau viel früher Druck, so dass beide Abwehrreihen es nicht einfach hatten. Maike Stöckel erarbeitete die zweite Ecke für Deutschland (42.). Der Schlenzer Tina Bachmanns von der Ablage wurde gefährlich von einer Engländerin an Hoffmanns Körper abgewehrt, doch das DHB-Team nahm nicht den Videobeweis. Es gab im Gegenteil Freischlag für England. Teschke hatte nach gutem Solo die nächste Großchance, ihr Pass am Kreisrand kam aber nicht an. Im Konter war Platten einmal mehr zur Stelle.
Es kam eine Phase, in der beide Teams wieder mehr Fehler machten, entsprechend weniger Kreisszenen gab es. Lydia Haase erarbeitete aber in der 48. Minute die nächste Ecke. England musste dann einen Spieler für fünf Minuten auf die Strafbank schicken, weil das Team die Ecke verzögerte. Es gab eine Folgeecke. Und die klappte als Stechervariante auf Marie Mävers, die den Ball am rechten Pfosten zum 2:1 einblockte (50.). Lea Stöckel mit ganz tollem Steal (52.) bei englischem Abschlag, aber ihr Abschluss mit der Rückhand am Kreis war etwas überhastet, ging klar überweg.
Eine Unaufmerksamkeit von Julia Müller im Aufbau bescherte England seine erste Ecke in der 56. Minute, weil sie sich danach nur mit einem Foul zu helfen wusste. Doch der Schlenzer von Spezialistin Crista Cullen wurde von Müller höchstpersönlich großartig auf der Linie gehalten. Kurz darauf hielt Kim Platten noch einmal sensationell gegen einen Rückhandschuss von Alex Danson (57.). Dann befreite sich das DHB-Team wieder. Maike Stöckel holte die vierte Strafecke (59.) heraus. Die konnten die Engländerinnen mit vereinten Kräften klären, auch hier musste Helen Richardson auf der Linie alles in die Waagschale werfen, um den Nachschuss von Nina Hasselmann zu klären.
Ein Fuß von Hasselmann im eigenen Kreis gab noch einmal Ecke für England (63.). Hier hielt Kim Platten sehr gut – England nahm die Video-Entscheidung, forderte Siebenmeter, weil man ein Schlägerfoul von Tina Bachmann monierte. Nach langen Beratungen gab die Video-Schiedsrichterin „nur“ eine Strafecke. England behielt das Videoschiedsrichter-Recht zur Anrufung. Und wieder war es Kim Platten, die stark hielt. Erneut ging England auf die Video-Schiedsrichterentscheidung wegen eines Fußspiels. Auch da gab es Recht, weil Krüger den Ball noch mit der Hacke berührt hatte.
Und dieses Mal lief Marie Mävers die Ecke bärenstark ab. Doch eine Verkettung von Fehlern bei einem Rechtsangriff gab England die Chance zum Ausgleichstreffer (64.). Dieses Mal nahm das DHB-Team den Videobeweis in Anspruch, weil die Engländerin das Tor mit der falschen Schlägerseite erzielte. Auch da gab es die klare Entscheidung zu Gunsten der Deutschen. Es blieb beim 2:1. Bei einem Rechtsangriff dann ein Lapsus der Engländerinnen, die ohne Not einen eigenen Fuß im Kreis anspielten. Es gab Ecke Nummer fünf (66.).
Doch Krügers Schlenzer wurde mit der Schlägerspitze noch um den Pfosten gelenkt. So blieb es dramatisch. England versuchte mit aller Macht noch zum Ausgleich zu kommen. Deutschland hatte kaum noch eigene Entlastungsangriffe. Zwei Minuten vor Schluss nahm Jason Lee seine Keeperin für eine elfte Feldspielerin vom Platz. 40 Sekunden vor Schluss nahm England noch einmal den Videobeweis in Anspruch wegen Foulspiels im Kreis. Doch dieses Mal gab es kein Recht. Es ging mit Abschlag für Deutschland weiter. So verteidigten die Deutschen den so wichtigen Sieg bis zum Schlusspfiff.
Tore:
1:0 Marie Mävers (28.)
1:1 Giselle Ansley (35.)
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2:1 Marie Mävers (KE, 50.)
Strafecken:
GER 5 (1 Tor) / ENG 4 (kein Tor)
Schiedsrichter:
Laurine Delforge (BEL) / Irene Clelland (SCO)
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