Deutsche Herren greifen nach dem dritten Weltmeistertitel in Folge
11. März, Neu Delhi, WM-Halbfinale: Deutschland - England 4:1 (3:1)
11.03.2010 - In einer so gewiss nicht erwarteten souveränen Manier haben die deutschen Hockeyherren am Donnerstag in Neu Delhi das Finale der Feldhockey-Weltmeisterschaft erreicht und greifen damit nach dem historischen dritten WM-Titel in Folge. Sie stehen am Samstag um 13.35 Uhr deutscher Zeit im Endspiel der WM gegen Australien, das sein Halbfinale mit 2:1 gegen die Niederlande gewann. So lautet das WM-Finale schon zum dritten Mal in Folge Deutschland gegen Australien. Im Halbfinale beherrschte das jüngste Team dieses Turniers Europameister England über 70 Minuten klar und siegte sogar in der Höhe verdient mit 4:1 (3:1). Schon nach zehn Minuten hatten Jan Marco Montag und Oliver Korn den Titelverteidiger 2:0 in Führung gebracht. Auch der Anschlusstreffer von Smith brachte die Weise-Elf nicht aus dem Konzept. Martin Häner baute die Führung vor der Pause noch aus und Linus Butt sorgte zehn Minuten vor Schluss mit dem 4:1 für die endgültige Entscheidung.
Tim Jessulat: „Das war wirklich eine unglaubliche Demonstration heute, die ich selbst so nicht für möglich gehalten hätte. Es ist beeindruckend, dass wir uns hier von Spiel zu Spiel steigern konnten, während bei den meisten anderen Teams die Tendenz eher nach unten zu gehen scheint. Mittlerweile haben wir ein unglaublich starkes Selbstvertrauen, das wir aus den eigenen Spielvorträgen hier ziehen. Egal, gegen wen es im Finale geht. Wir wissen, dass wir in einem Spiel jeden Gegner schlagen können. Und nach dem Sieg heute kommen wir ja auf jeden Fall mit etwas Schönem in der Hand nach Hause. Da können wir am Samstag im Finale recht entspannt aufspielen.“
Linus Butt: „Da ich ja sonst nicht so viel Tore schieße, ist es ein besonders schönes Gefühl, einen Treffer zu diesem Sieg beigetragen zu haben. Den ersten und bisher einzigen habe ich ziemlich genau vor einem Jahr auch am Tag vor meinem Geburtstag gemacht und der war fast identisch. Jetzt würde ich mir nur zu gern am Samstag selbst das schönste Geburtstagsgeschenk mit dem Titel machen. Wir haben sowohl gegen Australien als auch gegen Holland in den letzten Monaten zwar auch verloren aber eben auch schon gewonnen und wissen daher wie es gehen kann.“
Jan Marco Montag: „Ich mag das hier jetzt gar nicht mit der Situation 2006 vergleichen. Es ist eine ganz andere Mannschaft und Situation. Das Gefühl ist einfach nur unglaublich geil! Jetzt wollen wir das übermorgen auch unbedingt noch perfekt machen. Ich bin wirklich sehr zufrieden mit diesem super jungen Team! Eine der großen Stärken zurzeit ist sicher unsere Strafecke, weil wir die anderen im Videostudium gut ausgucken und in jeder Situation immer zwei Lösungsmöglichkeiten haben, die wir gezielt einsetzen können, je nachdem wie der Gegner rausläuft. Da sind wir einfach zu variabel, so dass die Gegner uns kaum ausrechnen können.“
Bundestrainer Markus Weise: „Natürlich bin ich sehr zufrieden mit dieser Leistung. Das Team ist ja fast noch stärker aus der Pause heraus gekommen, als er herein gegangen ist. Gewiss war der Spielverlauf aber auch perfekt für uns. Hätte England ausgeglichen nach dem 2:1 oder wäre sogar in Führung gegangen, wäre das eine viel schwierigere Aufgabe geworden. Besonders glücklich bin ich über die unglaublich geschlossene Mannschaftsleistung und die tolle Abwehrarbeit – angefangen bei unserer erstklassigen Innenverteidigung mit Max Müller und Martin Häner!“
Die Deutschen starteten den ersten Angriff der Partie, wobei die Flanke von links noch hoch in den englischen Kreis kam. Die Engländer wirkten nervös in der Anfangsphase, machten ungewöhnlich viele technische Fehler, so dass die ersten Minuten klar den Deutschen gehörten. Witthaus holte in der 5. Minute die erste Strafecke für die DHB-Auswahl nach schönem Linksangriff. Und Jan Marco Montag traf sofort zur 1:0-Führung. Sein Schlenzer ging flach links unten, noch leicht berührt von James Fair, ins Tor.
Auf der anderen Seite leitete Barry Middleton den ersten gefährlichen englischen Angriff ein – sein Querpass vor Tor wurde jedoch von einem herein springenden Mitspieler verpasst. England kam nun stärker auf. Martin Häner stoppte Jungstar Ashley Jackson sehr stark am rechten Kreisrand, bevor dieser schießen konnte (8.). Ein ansonsten schöner Treffer (10., Lupfer von links aus spitzem Winkel) von Alastair Brogdon wurde zu Recht nicht anerkannt, weil Glenn Kirkham vor Torwart Jessulat gekreuzt war und diesen sogar umgecheckt hatte.
So konnten die Deutschen über einen exzellent heraus gespielten Treffer von Oliver Korn jubeln, der in der 11. Minute die Führung ausbaute. Witthaus hatte einen Pass von der Mittellinie noch vor dem Kreis direkt auf Korn weitergeleitet, der zentral aus sechs Metern ebenfalls direkt flach links unten zum 2:0 einschoss. Die Engländer kamen nun natürlich mit noch mehr Druck, doch liefen sie sich am Kreisrand immer wieder in der soliden deutschen Verteidigungsreihe fest. Häner wurde bei einer Abwehraktion am Oberschenkel verletzt, als ein Engländer in ihn hinein rannte. Er musste draußen behandelt werden, konnte zum Glück aber weiter spielen.
Ein leichter Fehler von Linus Butt im Kreis bescherte den Engländern dann aber die erste Strafecke, die Richard Smith vom Kreisrand durch Tim Jessulats Beine ins Tor beförderte. Ein schöner Konter über rechts brachte durch Philip Witte aber schon bald die zweite Strafecke. Fair hielt Montags Schlenzer und dann auch sensationell Witthaus’ Nachschuss aus vier Metern. Das hätte das 3:1 sein müssen! Die Deutschen blieben aber am Drücker. Witthaus wurde nach einem Solo am Kreisrand gerade noch von Jackson gestoppt (24.).
Dann holte Korn die dritte Ecke heraus (26.). Aber wieder Pech, weil Häners Schlenzer das Tor und auch den am rechten Pfosten zum Stecher gelegten Schläger von Florian Fuchs nur ganz knapp verfehlte. Häner erarbeitete vier Minuten vor der Pause die nächste Strafecke mit einer ganz starken Aktion. Und Deutschlands Hockeyspieler des Jahres 2009 belohnte sich selbst, indem er eine traumhafte Variante auf die rechte Ablage mit einem Schlenzer zum 3:1 in den oberen rechten Torwinkel abschloss.
Christoph Menke hatte nach Flanke von Montag kurz vor der Pause noch die Chance, das Ergebnis auszubauen, als er einen Stecher knapp neben das Tor setzte. Und als Moritz Fürste mit einem unwiderstehlichen Solo durch den Kreis ging, brannte es in der 34. Minute erneut lichterloh im Kreis des Europameisters. Fair konnte den Pass des Hamburgers so gerade noch unterbinden. Die DHB-Auswahl ging also mit einer verdienten 3:1-Führung in die Pause, weil sie erneut mehr Chancen kreiert hatte und bei den Standards die richtigen Entscheidungen getroffen hatte.
Auch in der zweiten Hälfte gehörte nach tollem Rechtsangriff die erste gefährliche Szene den Deutschen, als Witte im Kreis gerade noch gestoppt werden konnte. Im Gegenangriff musste Jessulat nach einem Flachschuss vom Kreisrand seine Klasse zeigen, als er toll nach links unten reagierte und zur langen Ecke abwehrte. Es ging jetzt rauf und runter. Jessulat bekam mehr zu tun als in Halbzeit eins, doch oft klärten auch die Leute vor ihm clever, wie Max Müller in der 39. Minute gegen eine gefährliche Flanke. Die Deutschen standen extrem gut in der Defensive, so dass die Engländer viel hinten herum spielen mussten, bis sie mal eine Lücke für den steilen Ball fanden.
Und die Deutschen erhielten durch „Turn-overs“ immer wieder die Chance zu ihren gefährlichen Kontern. So wurden sie in der 45. Minute erst am rechten Pfosten von Fairs Tor gestoppt. Rabente musste dann aber mit Grün für zwei Minuten auf die Strafbank. In Überzahl kreierten die Engländer mit einem Rechtsangriff gleich eine gefährliche Szene, die Müller aber ganz stark vor dem eigenen Tor klärte. Die DHB-Auswahl überstand die Unterzahl aber gut. Mit einem Rechtsangriff wurde Fuchs vor Tor in Szene gesetzt, der den Stecher aber ganz knapp verpasste (49.).
In der 53. Minute musste Jessulat dann mal wieder eingreifen, als sich die Europameister erstmals wieder in den Kreis kombinieren konnten und der Hamburger gut reagierte. Nach einem Fehlpass von Rabente kam kurz danach ein Engländer frei zum Schuss, verzog aber über das Gehäuse. Danach waren die Deutschen auch wieder dran – zwei viel versprechende Angriffe über links konnten jedoch nicht abgeschlossen werden. Häner leitete den nächsten gefährlichen Angriff ein, bei dem Menkes Schuss so gerade noch rechts neben den Pfosten geleitet wurde.
England erhöhte noch einmal merklich den Druck, aber alle Deutschen verteidigten ganz stark, waren immer sofort mit alle Mann am eigenen Kreis zurück, um dann wieder überfallartig zu kontern. Per Videobeweis erstritt Matthias Witthaus in der 60. Minute die vierte deutsche Ecke heraus. Es sollte die fünfte Ecke hinterher geben. Dieses Mal nahmen die Engländer den Videobeweis in Anspruch, bekamen aber kein Recht. Und die Ecke saß dann zum 4:1, weil Fair zwar den Schlenzer von Häner gut hielt, aber Herausgeber Linus Butt den Rebound hoch ins Tor schießen konnte.
Witthaus hatte nach toller Kombination über ein halbes Dutzend Stationen in der 63. Minute die Großchance zum 5:1, sein Stecher ging aber links am Tor vorbei. Die Versuche der Engländer wirkten nun nur noch halbherzig, zu oft hatten sie sich schon vorher in der deutschen Abwehr fest gelaufen. Immerhin musste Jessulat in der 64. Minute doch noch einmal richtig ran, als Middleton direkt vor ihm zum Schuss kam und der deutsche Keeper bravourös reagierte. Der Ex-Großflottbeker Rob Moore sah dann in der Schlussphase Gelb, so dass der Europameister in Unterzahl zu Ende spielen musste. Wess verpasste in der 66. Minute ganz knapp eine Flanke allein im englischen Kreis.
Witte holte sich wegen nicht eingehaltenem Abstand dann auch noch Grün ab, musste für zwei Minuten raus, so dass mehr Platz auf dem Feld war. Das Ergebnis hätten aber nur noch die Deutschen verändern können, zum Beispiel als Zwicker und Korn sich in der Schlussminute bis vor das Tor kombinierten und an Fair scheiterten.
Vom 18er-Kader pausierten wie in den letzten beiden Partien Oskar Deecke und TW Max Weinhold.
Statistik:
1:0 Jan Marco Montag (KE, 6.)
2:0 Oliver Korn (11.)
2:1 Richard Smith (KE, 19.)
3:1 Martin Häner (KE, 31.)
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4:1 Linus Butt (KE, 61.)
Ecken:
GER 5 (3 Tore) / ENG 1 (1 Tor)
Gelbe Karten:
GER - / ENG 1 (Rob Moore, 65.)
Grüne Karten:
GER 2 ( J.-P. Rabente, 45./ Philip Witte, 68.)
Schiedsrichter:
David Gentles (AUS) / John Wright (RSA)
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