DHB-Damen „klauen“ dem Olympiasieger vor dessen heimischer Kulisse den Sieg
World League Rotterdam, Finale: Niederlande - Deutschland 4:5 n. Pen-Sch. (1:1, 1:0)
22.06.2013 - Die deutschen Damen haben im Finale des World League Turniers von Rotterdam für die ganz große Überraschung gesorgt. In der Höhle des Löwen bezwangen sie Olympiasieger Niederlande nach hartem Kampf mit 5:4 nach Penaltyschießen. Die Holländerinnen hatten durch Kim Lammers zehn Minuten vor der Pause geführt, aber trotz etlicher Großchancen, die Keeperin Barbara Vogel vereitelte, nie den Sack zumachen können. Das DHB-Team holte sich durch Janne Müller-Wieland in der 68. Minute den Ausgleich und hatte dann im Penaltyschießen die besseren Nerven und die bessere Torfrau.
Bundestrainer Jamilon Mülders: „Es war ja klar, dass wir nicht in deren Wohnzimmer marschieren und die an die Wand spielen. Wir mussten die erste Viertelstunde überstehen, die gegen die immer gefährlich ist. Das hat gut geklappt. Und wir hatten einen klaren Plan. Wir haben nichts umgestellt, nur weil es gegen den Olympiasieger ging, sondern unser Spiel durchgezogen. Das müssen die Mädels verinnerlichen, dass es nur um uns geht, nicht darum, wer auf der anderen Seite steht. Dass es mit der 90-Grad-Ecke geklappt hat, ist für mich eine riesen Freude. So eine Ecke hat ein deutsches Damenteam noch nicht geschossen. Der Erfolg kommt nicht zu früh. Dafür gibt es keinen idealen Zeitpunkt. Ich weiß, dass die Mannschaft daraus ganz viel ziehen wird auf dem Weg zur WM. Und die Mädels brauchten das jetzt – erst recht nach Olympia. Es ist eine große Freude, dies Team begleiten zu dürfen!“
Kapitänin Julia Müller: „Für mich, die ich in Holland spiele, war das natürlich eine doppelte Freude, hier zu gewinnen. Wir hatten das die letzten Jahre ein paar Mal in wichtigen Spielen, dass wir sie schlagen wollten. Jetzt hat das endlich geklappt! Wir hatten uns vorgenommen: Egal was passiert, wir ziehen unser Ding durch. Wir wussten auch, dass wir würden Geduld haben müssen. Und am Ende ist das belohnt worden. Großartig!“
Torschützin Janne Müller-Wieland scherzte: „Da waren wir wohl sehr deutsch, mit dem Tor in der 68. Minute. Es kann schon sein, dass Holland das Spiel dominiert hat, aber wir haben trotzdem unser Spiel durchgezogen. Aus diesem Erfolg werden wir ganz viel Selbstvertrauen mitnehmen zur Weltmeisterschaft im nächsten Jahr in Den Haag!“
Eine – wie man in der Zeitlupe sah – unberechtigte Ecke für die Niederlande brachte das deutsche Tor früh in Gefahr, doch Barbara Vogel rettete gegen Welthockeyspielerin Maartje Paumens flachen Schlenzer brillant. Die Gastgeber pressten stark, machten viel Druck auf den deutschen Aufbau. Die DHB-Auswahl dann erstmals per Konter vorn, aber Franzisca Hauke wurde am Kreisrand gestoppt. Mehr Gefahr auf der anderen Seite, wo Vogel und Julia Müller im Zusammenspiel die nächste Großchance entschärften.
Dann mal eine ganz starke Aktion der Deutschen, als Teschke nach Linksangriff flankte und Hauke den Stecher vor Keeperin Joyce Zombroek hauchdünn verpasste. Daraus zogen die Deutschen Selbstvertrauen, hatten nun einige Minuten mehr vom Spiel. Erst in der 9. Minute mal wieder die Oranjes, die Vogel aus spitzem Winkel argentinisch prüften. Doch die große Überlegenheit der ersten Minuten war vorbei. Die DHB-Auswahl hatte nun ebenfalls gute Angriffe, auch wenn die zweite Großchance noch auf sich warten ließ.
Erst in der 18. Minute kam Holland mal wieder mit einem Konter durch. Vogel wieder mit einer Großtat gegen Dirkse van den Heuvel! Ansonsten spielte das DHB-Team weiter gut mit, ließ sich von den gelegentlichen sehr gefährlichen Kontern nicht einschüchtern. Es wurde prima aufgebaut und Holland mehr gepresst als den Hausherren lieb war. Dennoch natürlich immer mal wieder Chancen für den Olympiasieger. So tauchte van Malen in der 25. Minute plötzlich frei vor Vogel auf, doch sie jagte den Ball argentinisch über das Tor.
Magis sah dann Grün nach Foul an Janne Müller-Wieland. Das gab den Deutschen mehr Raum. Müller-Wieland kam am Kreisrand zum Schuss, wurde aber abgeblockt. Und im Konter machte Holand dann in Unterzahl das Führungstor. Jonkers war links auf und davon und ihr Querball vors Tor wurde von Kim Lammers zum 1:0 (26.) an Vogel vorbei reingedrückt. Zwei Großchancen dann Rechtsangriffen durch Eileen Hoffmann und Julia Müller, aber Keeperin Zombroek reagierte aus kurzer Distanz sehr gut (29.).
Auch danach weiter gute Offensivarbeit. Die Deutschen hatten sogar mehr Ballbesitz, konnten daraus aber kein Kapital schlagen. Am Ende Sekunden vor der Pause nochmal Gefahr, weil van Malen links durch war und Bachmann aber mittig vor Tor Schlimmeres verhinderte. So blieb es bei der sicher verdienten Führung des Weltranglisten-Ersten zur Pause, der einfach mehr Gefahr im deutschen Kreis erzeugt hatte. Doch das DHB-Team hatte fast auf Augenhöhe mitgespielt und viele eigene Akzente gesetzt, wie Mülders das gefordert hatte.
Und das setzte sich in der zweiten Hälfte fort. Die Deutschen holten ihre erste Ecke nach selbstbewusstem Angriffsspiel in der 38. Minute. Lena Jacobis Schlenzer ging an de Geudes Knie, die sich dabei verletzte und draußen behandelt werden musste. Es wurde als gefährlich gewertet, so dass es keine Nachfolgeecke gab. Die Holländerinnen bauten nun Druck auf, um die Vorentscheidung zu erzwingen, doch das DHB-Team verteidigte bissig und beschränkte sich nicht darauf, sondern suchte sein Heil auch in der Offensive.
Haase wurde in der 45. Minute am linken Pfosten gestoppt. Kurz danach wurde ein Ball vor Teschke gerade noch aus dem Kreis geblockt. Was oft fehlte, war das letzte Durchsetzungsvermögen am und im Kreis des Olympiasiegers. Auf der anderen Seite jagte die zurückgekehrte de Geude einen Ball aus spitzem Winkel über Vogels Tor (49.). Die Deutschen setzten ihr gutes, geduldiges Aufbauspiel fort. Haase kam am Kreisrand zum Schuss, traf den Ball jedoch nicht gut (55.).
Marie Mävers vertendelte eine gute Chance nach langem Pass aus der Abwehr (57.), ein Querpass durch den Kreis erreichte Jennifer Plass nicht ganz. Sabine Mol prüfte Vogel auf der anderen Seite mal wieder mit einem flachen Rückhandschuss, doch kein Problem für die Berlinerin. Viele Chancen konnten sich die Holländerinnen in der zweiten Hälfte nicht erarbeiten. Deutschland im Vorwärtsgang mit wenig Fortune, ließ oft an der gegnerischen Viertellinie den letzten Touch vermissen.
Holland dann nochmal in Unterzahl wegen Foulspiels. Wieder wäre beinahe in Überzahl das Gegentor gefallen, als Vogel einen Ball aus kurzer Distanz gerade noch am langen Pfosten vorbei lenken konnte. Riesen Pech im nächsten Konter, als Oldhafer hoch angespielt wurde von einer Holländerin, aber de la Fuente keine Ecke gab. Die Deutschen vielleicht zu vorsichtig, hier nicht den Videobeweis zu nehmen. Aber das DHB-Team weiter im Vorwärtsgang, musste dadurch zwar auch Raum lassen für Konter, aber die wurden gut abgefangen.
Teschke holte dann die zweite Ecke in der 68. Minute sehr gut heraus. Nun also die Großchance auf den Ausgleich. Und tatsächlich klappte eine tolle Variante auf Janne Müller-Wieland auf der linken Ablage. Holland nahm den Videobeweis, verlor dieses Recht aber, weil keine Behinderung festgestellt werden konnte. Dabei blieb es bis zum Abpfiff.
Das Penaltyschießen musste entscheiden!
Dort startete Eva de Goede gegen Barbara Vogel. Und traf weit rechts per Schlenzer, die Berlinerin war fast dran: 2:1.
Stöckel dann gegen Zombroek. Und die Holland-Legionärin traf von links flach argentinisch. 2:2.
Ellen Hoog machte es ähnlich wie Stöckel, traf von links argentinisch. 3:2.
Nun war Julia Müller dran. Die Kapitänin machte es humorlos vom Kreisrand: 3:3.
Und ausgerechnet gegen Kim Lammers hielt Vogel den ersten Versuch und den Nachschuss brillant!
Nun konnte Lena Andersch die Führung erzielen. Doch sie verpasste das Tor argentinisch knapp rechts.
Van den Heuvel machte eigentlich alles richtig, bis zum Torschuss, den erwischte sie nicht, und die Kugel ging rechts vorbei.
Marie Mävers nun ganz stark, sie drehte sich argentinisch um die Keeperin und traf: 4:3.
Kaya van Maasakker musste nun treffen. Und hatte Glück, als ihr abgefälschter Ball reintrudelte: 4:4.
Matchball also für Franzisca Hauke. Und die junge Kölnerin behielt die Nerven, drehte sich rechts um die Torfrau und schob flach rein zum 5:4-Siegtreffer.
Tore:
1:0 Kim Lammers (26.)
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1:1 Janne Müller-Wieland (KE, 68.)
Ecken:
NED 1 (keine Tore) / GER 2 (1 Tor)
Schiedsrichter:
de la Fuente (ARG) / Joubert (RSA)
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