Nr. 92 - 14. April 2005
Die Ausgabe der heutigen Vereinshilfe beschäftigt sich ausschliesslich mit den katastrophalen Auswirkungen der bayerischen Politik auf den Schulsport. Alle Mediziner und Krankenkassen fordern seit Jahren mehr Prävention zur Senkung der Gesundheitskosten. Da muss es wie ein Hohn klingen wenn Bayern gleichzeitig den Schulsport kürzt und den differenzierten Schulunterricht abschafft. Schon heute sieht es schlecht aus mit der Beweglichkeit und Gesundheit unserer Kinder. Jedes 5. Kind und jeder 3. Jugendliche haben Übergewicht. Jeder 8. der übergewichtigen Jugendlichen hat bereits Diabetes mellitus Typ 2 (Alterszucker). In dieser Ausgabe sind die wichtigsten Fakten und Stellungsnahmen gegen die Reduzierung des Schulsportes. Jetzt sind alle gefordert dagegen Stellung zu beziehen. Sprechen Sie mit den Abgeordneten Ihres Wahlkreises und erklären Sie Ihnen welche Auswirkungen diese Kürzungen haben.
Dieter Strothmann
Breitensportreferent des BHV
Mogelpackung bayerischer Schulsport
Die Streichung des differenzierten Sportunterrichtes in Bayern führt zu einer Ausgrenzung von 37 Sportarten vom Schulsport. In Zukunft werden nur noch acht Sportarten an bayerischen Schulen angeboten. Die anderen Sportarten können nur noch über „Sport nach eins“ betrieben werden. Bedeutet dies das Ende von "Jugend trainert für Olympia" in diesen Sportarten? Die Anzahl der teilnehmenden Mannschaften aus Bayern sinkt kontunuierlich.
Die Stundentafel des DSU und die Forderung des Aktionsbündnisses Schulsport.
Entwicklung des DSU von 1990 bis heute.
37 Sportarten bleiben nach der Streichung des DSU auf der Strecke.
Um fast die Hälfte hat sich bei diesen sieben Sportarten die Zahl der teilnehmenden Mannschaften aus Bayern seit 1992 verringert.
Die Abschaffung des DSU hat auch gravierende Auswirkungen auf die Mitgliederentwicklungen bei den gestrichenen Sportarten. Die betroffenen Fachverbände des BLSV wussten seit 1997, die erste Kürzung beim DSU, einen Mitgliederschwund im Jugendbereich von 27 Prozent hinnehmen. Mit der endgültigen Streichung des DSU dürften sich diese Zahlen noch dramatisch erhöhen. Auch wenn wir im Hockey im Augenblick noch Zuwächse haben, ist das kein Grund hier zu schweigen.
Die Negativentwicklung im Jugendbereich durch die bayerische Schulpolitik.
Wohin die Streichungen beim Schulsport führen hat eine Untersuchung der Universiät Karlsruhe gezeigt. 2000 Schülerinnen und Schüler führten 14 Tage lang ein Bewegungstagebuch. Das Ergebnis war erschreckend. Nur 15 Minuten intensive Bewegung pro Tag war das durchschittliche Ergebnis. Wenn man berücksichtigt dass bei der untersuchten Gruppe auch einige vereinssporttreibende Kinder dabei waren, dann werden die Ergebnisse noch grauenhaften. Jeder kann sich selber ausrechnen was da in einigen Jahren auf unser Gesundheitswesen an selbstverschuldeten Kosten auf uns zukommt. Es drängt sich hier einfach der Verdacht auf, dass die bayerische Staatsregierung auf Teufel komm raus bis zur Bundestagswahl einen sauberen Haushalt hinbekommen will. Bei diesem ergeizigen Ziel wird keine Rücksicht auf die gesundheitliche Zukunft unserer Kinder genommen.
So sieht das erschreckende Ergebnis der Karlsruher Untersuchung aus.
Das Elend des Schulsports
Wie der differenzierte Sportunterricht auf Null gekürzt wird
Der bayerische Schulsport leidet an Schwindsucht. Wurden Anfang der 90er Jahre an Haupt- und Realschule sowie Gymnasien noch bis zu vier Stunden erteilt, so ist das Stundenkontingent zuletzt auf Durchschnittswerte zwischen 2,2 und 2,7 geschrumpft. Und es kommt (im Wortsinn) für die Kinder noch dicker: An Gymnasien wird es wegen gekürzter Sondermittel ab 2005/06 nur noch 2,0 Stunden geben. In einem internen Papier warnt das Kultusministerium bereits, dass die Diskussion um die Kürzung des Sports "erneut entbrennen" wird.
Für ein Gespräch, das Ministerpräsident Edmund Stoiber Mitte Januar mit dem Präsidenten des Bayerischen Landessportverbands, Günther Lommer, führte, hatte das Ministerium alarmierende Zahlen zusammengestellt. Nach Kürzungen, die Mitte der 90er Jahre aufgrund eines Gutachtens der Unternehmensberatung Kienbaum durchgeführt wurden, habe es seit dem Schuljahr 2001/02 einen Aufwärtstrend gegeben. Doch der Effekt werde durch neuerliche Kürzungen von Sondermitteln des Landtags ab dem Schuljahr 2005/06 konterkariert. Es zeichne sich ab, "dass der Aufwärtstrend nicht fortgesetzt werden kann", heißt es in dem vom Referat V.6 (Schulsport) erstellten Papier.
Das ist noch gelinde ausgedrückt. Nach einer Erhebung des Bayerischen Aktionsbündnisses für den Schulsport wird durch die Kürzungen eine bundesweit einmalige Erfindung, der so genannte differenzierte Sportunterricht (DSU), kaputt gespart. DSU bedeutet eine dritte und vierte Pflichtsportstunde, aber nicht in den Basissportarten wie Leichtathletik, Geräteturnen, Fuß- und Handball oder Schwimmen, sondern in anderen Disziplinen. Zwei DSU-Stunden sollten in Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien zusätzlich zum herkömmlichen Sport angeboten werden, so dass dann jeder Schüler vier Stunden die Woche gehabt hätte. 37 Sportarten wurden bayernweit - je nach Standort der Schule und geeignetem Trainingsgelände - als DSU in der Schule angeboten: Skilaufen, Golf oder Rudern genauso wie etwa Fechten, Karate oder Triathlon. Besonders wichtig war das für die örtlichen Sportvereine...
Erreicht wurde das hehre Ziel sowieso nie: Das Optimum waren 3,8 Sportstunden, die im Schuljahr 1989/90 an den Hauptschulen stattfanden. Von da an ging es stetig bergab. Wäre der Landtag nicht mit der Bewilligung von Sondermitteln eingesprungen, sähe es schon längst düster aus. Doch zum Schuljahr 2005/06 wurden die 31,1 Millionen Sondermittel um 4,9 Millionen gekürzt. Insider haben schon errechnet, wohin das führt: An Hauptschulen gibt es dann noch 2,3 Sportstunden, an Realschulen und dem neuen G 8 - wo sowieso nur in der 5. bis 7. drei, danach nur noch zwei Sportstunden geplant sind - jeweils nur noch 2,0 Stunden. Letztere Zahl weist das Kultusministerium zurück. 2,2 seien "verpflichtend", alles andere "außer Reichweite", sagt Sprecher Thomas Höhenleitner.
Indes ist am Gymnasium schon jetzt Not und Elend Programm. Eine Unterschreitung des offiziellen Ist-Wertes von 2,7 werde "nicht in allen Fällen vermeidbar sein", hatte der Leiter der Gymnasialabteilung, Peter Müller, bereits am 23. Juli 2004 gewarnt, dies allerdings trotzdem genehmigt. Der Engpass liegt auch daran, dass die Sondermittel offenkundig zweckentfremdet wurden. Sie würden "anderweitig verbraucht", heißt es. Auch das negiert das Ministerium.
Ob hier nicht ein Landtagsbeschluss umgangen wird, steht also dahin - schließlich hatte das Plenum am 14. Juli 1999 auf Antrag der CSU eindeutig beschlossen, dass die "im Haushalt für die Erteilung ... des Differenzierten Sportunterrichts bereitgestellten Mittel auch zur Beschäftigung hauptberuflicher Lehrkräfte verwendet werden".
Quelle: GEW Bayern
Schwere Argumente gegen weniger Schulsport in Bayern
München, 11. Februar 2005. "Wir sprechen uns dagegen aus, dass Sportstunden im Schulunterricht gestrichen werden", kommentiert Helmut Heckenstaller, Leiter der Techniker Krankenkasse (TK) Landesvertretung Bayern, den Plan, Schulsportstunden im Freistaat zu reduzieren. "Es ist für unser Gesundheitssystem elementar wichtig, dass wir heute unseren Kindern Freude und Spaß an der Bewegung vermitteln. Die Schule hat hier eine zentrale Aufgabe."
Die Fakten sind alarmierend: Etwa zehn Prozent der Schulkinder in Bayern sind übergewichtig. Dabei steht der Freistaat noch besser da als das restliche Bundesgebiet. Hier sind bereits rund 17 Prozent der Grundschulkinder viel zu schwer. Für diese Kinder drohen Herz-Kreislauf-Probleme, Erkrankungen des Skelettsystems und Altersdiabetes. Diese Krankheiten verursachen heute schon, bei den Erwachsenen, mehr als 30 Prozent der Gesundheitsausgaben - rund 80 Milliarden Euro pro Jahr. Die Ursache ist häufig, dass sich die Menschen zu wenig bewegen und falsch ernähren.
Was im Schulsport eingespart wird, gefährdet die Ziele der bayerischen Vorsorgeinitiative GESUND.LEBEN.BAYERN. Diese Initiative verfährt, wie die TK-Aktion "Gesunde Schule", nach dem sogenannten Setting-Ansatz. Das Präventionsangebot erreicht die Betroffenen gezielt in Ihren Lebenswelten, also auch in der Schule. Das Ziel beider Aktionen ist, dass sich die Schule selbst Schritt für Schritt zu einem gesundheitsfördernden Lern- und Arbeitsort entwickelt. Heckenstaller: "Wir fordern alle Verantwortlichen auf gemeinsam zu handeln. Die Kinder sind unsere Zukunft und es ist unfair, ihnen die Zeche der heutigen Sparpolitik aufzubürden".
Quelle: TK
Schulsport: Die Alarmglocken läuten immer noch, Aufgaben für die Vereine klar benannt
Augsburg - Am 14.02.2005 wurde am Institut für Sportwissenschaften der Universität Regensburg die "Augsburger Studie zum Schulsport in Bayern" präsentiert. Der Projektleiter, Prof. Dr. Helmut Altenberger, gab Auskunft über die Inhalte und Bedeutung dieser Studie. Anwesend unter den geladenen Gästen waren Rainer Riedel, Präsident des Ju-Jutsu-Verbandes Bayern (auch Mitglied im Landessportbeirat und stv. Aufsichtsratsvorsitzender im BLSV), dazu als Vertreter der Jugend im JJVB, Matthias Riedel, sowie von der bayerischen Sportjugend Eduard Schäffler, Geschäftsführer und Günther Franzen, Vorsitzender. Für die Studie wurden 212 Lehrer und 1593 Schüler der Klassenstufen 5 -12 ausführlich und gewissenhaft befragt. Einige zentrale Punkte sollen hier erläutert werden.
Schule und Sport:
Sportlehrer gehören zu den beliebtesten Lehrern. Auch sie selbst bescheinigen sich eine hohe Berufszufriedenheit (78 Prozent). Dennoch geben Lehrer wie Schüler an, dass der Sport nicht den gewünschten Stellenwert im Bildungssystem hat.
Umfang des Sportunterrichts
Zeitlich ist für den Sport nicht mehr viel drin. Nachdem der differenzierte Sport vor einigen Jahren auf Eis gelegt wurde, sank die Anzahl der durchschnittlichen Wochenstunden von 4 auf zwei. Heute freut man sich über Zuwächse im Komabereich oder doch Kommabereich (?) (der aktuelle Schnitt liegt zwischen 2,1 - 2,6). Darüber freute sich auch Staatssekretär Karl Freller in seiner Rede. Dabei verwies er auf die Mittelknappheit der öffentliche Kassen. Präsident Rainer Riedel kritisierte hier die Schönrednerei der Politik: Erst wurde von vier Sportstunden zwei gestrichen, sollten gar durch Vereinsübungsleiter kompensiert werden, und nun werden 2,xx Stunden als tolle Leistung verkauft!
Qualität des Sports an der Schule
Die Studie beschäftige sich mit dem Schulsport an weiterführenden Schulen. Hier bescheinigte sie eine gute Qualität. Einige Angebote, gerade Trendsportarten scheitern aber an geeigneten Einrichtungen, Zeit und Geld. Präsident Rainer Riedel wies darauf hin, dass viele Trendsportarten, auch Selbstverteidigung (Ju-Jutsu) im Differenzierten Sportunterricht ihren Platz hatten.
Mangelnde Schülermotivation ist an der Tagesordnung
Gerade im Bereich der achten und neunten Klassen gibt es große Gruppen von Schülern, die sich nur schwer motivieren lassen. Das ist nicht neu, der Trend ist jedoch zunehmend. Hierbei wird das wieder das Unterangebot beim Differenzierten Sportunterricht kritisch erwähnt.
Sportliche Eltern - Sportliche Kinder
Die Erziehung findet größtenteils zuhause statt. Das hat auch diese Studie gezeigt. Demnach sind 83 Prozent der Kinder von Sportvereinsmitgliedern auch in selbst in Sportvereinen.
Sport - Eine lebenslange Aufgabe
Der Sport in der Schule soll dazu motivieren, ein Leben lang sportlich aktiv zu bleiben. Hier werden Grundlagen gesetzt. Der Vorsitzende des Bayerischen Philologenverbandes Dr. Stephan Hecht warnte in diesem Zusammenhang vor weiteren Mittelkürzungen im Sport. In seinem Statement zur Studie heißt es: "Drastisch ausgedrückt lässt sich sagen: Mittel- und Stundenkürzungen beim Sport wären das beste staatliche Zuchtprogramm für PC-verliebte Fast-Food-Schlaffis". Präsident Rainer Riedel wies darauf hin, dass "nach der Schule" die Sportvereine das lebenslange Sporttreiben übernehmen, aber dafür auch die entsprechende staatliche Anerkennung und auch Förderung benötigen.
Typisierung der Schüler und Schülerinnen
Eine etwas lustig anmutende Einteilung für die befragten Schüler wurde auch gefunden:
a) nicht-reflektierende, wohlbehütete Kinder: wenig engagiert, kaum eigene Meinung, sehen den Sport noch neutral (16,9 Prozent)
b) kosmopolitische, (Musik-)engagierte Sport-Phlegmatiker: weltoffen, bildungsorientiert, Outfit ist wichtig. Größeres Interesse an z. B. Musik als am Sport (12,0 Prozent)
c) unmotivierte, party-orientierte Sportverweigerer: Überwiegend weiblich, Clique und Handy haben hohen Stellenwert, Denkweise egozentrisch (10,01 Prozent)
d) sich selbstbewusste gesellschaftskritische Spaßsportler: hilfsbereit, auch künstlerisch interessiert, hat Freude an der Bewegung, engagiert sich (14,3 Prozent)
e) leichtgläubige, erfolgsorientierte Vereinssportler: meist männlich, vergleichsweise geringe Schulbildung, überaus sport- und outfitorientiert (15,4 Prozent)
f) extrovertierte, materialistische Sportler: meist männlich, kleiden sich markenorientiert, glauben an Konfliktlösung durch Gewalt, Werte wie Hilfsbereitschaft, Fairness usw. sind ihnen unwichtig. Sport spielt jedoch eine wichtige Rolle bei ihnen (16,3 Prozent)
g) angepasste Sport-averse und Shoppinggirlies: meist weibliche Sportmuffel mit niedriger Schulbildung, Leben im Strom und konsumieren kräftig, kein Interesse am Weltgeschehen, jedoch an Partys und Shoppen.
Das Ergebnis der Studie verheißt nichts Gutes und prophezeit den Teenagern für das Erwachsenenalter Bewegungsarmut und daraus entstehende Zivilisationskrankheiten. Die Bestandsaufnahme gibt durchaus Anlass zur Sorge. Umso wichtiger ist ein erhöhtes Angebot in den Schulen und Vereinen.
Die Studie beschäftigte sich ausschließlich mit dem schulischen Sport. Fragen auf die Zeit danach gibt sie nicht. Hier bleiben, wie Rainer Riedel in der nachfolgenden Diskussion hervorhob, vor allem die Vereine die Plattform, welche für jeden zu akzeptablen Konditionen qualitativ hochwertige sportliche und soziale Bildung und Bindung anbieten.
Präsident Rainer Riedel wies dabei deutlich auf die Bedeutung der vielfältige Leistung von Sportvereinen gegenüber den gewinnorientierten gewerblichen Sportstudios deutlich hin.
Bleibt zu hoffen, dass sich der Staat auch zukünftig dieser übertragenen Verantwortung bewusst bleibt.
Quelle: JJV Bayern
Stellungnahme des Bundeselternrates zur "Aktuelle Situation im Sportunterricht"
Seit Jahren befindet sich der Bundeselternrat mit dem Deutschen Sportbund und mit dem Verband der Sportlehrer im Kontakt. Immer waren dabei die beklagenswerten Zustände beim Schulsport Gesprächsgegenstand. Insofern begrüßt der Bundeselternrat ausdrücklich die Initiative des Sportausschusses des Bundestages, sich mit dem Thema "Schulsport" zu beschäftigen. Allerdings halten wir es für bedenklich, dass die Kultusministerkonferenz an dieser Anhörung nicht teilnimmt, ist sie doch wesentlicher Ansprechpartner in Sachen Schulsport.
Der Bundeselternrat möchte insofern deutlich machen, dass ihm nicht an einer Polarisierung in Sachen Schulsport gelegen ist, sondern an einem konstruktiven Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Kräfte zur Verbesserung der Situation an den Schulen.
In den letzten Jahren haben sich die unterrichtlichen Voraussetzungen an den Schulen verschlechtert. Regelmäßiger Sportunterricht ist nicht mehr in allen Schulformen gesichert. In einigen Bundesländern wurden die Stundentafeln im Bereich Sport zudem gekürzt. (z. B. Bayern)
Dies hat weniger mit Überzeugung zu tun als vielmehr mit der Untertunnelung des noch immer anstehenden Schülerbergs, durch den sich die Kultusminister der Länder zu Einsparmaßnahmen im Schulbereich gezwungen sehen. Einsparungen werden in der Regel dort vorgenommen, wo der vermeintlich geringste Protest zu befürchten ist. Aufgrund einer Prioritätenverschiebung, die nicht zuletzt durch die internationalen Schulvergleichtests mit dem schlechten Abschneiden Deutschlands stattgefunden hat, wird derzeit die Forderung nach mehr und besser unterrichteten Kernfächern laut. (TIMSS)
Der Bundeselternrat hat diese einseitige Entwicklung stets abgelehnt. Schule muss mehr sein als die Vermittlung von Mathematik, Deutsch, Fremdsprachen und Naturwissenschaften. Gerade der Sportunterricht kann eine wesentliche integrierende und präventive Funktion in der Schule haben. Sport richtig unterrichtet und gelebt ist wichtiger Bestandteil des Erziehungsprozesses in einer Schule und dient der menschlichen und sozialen Entwicklung jedes Einzelnen und der Gemeinschaft. Sportliche Aktivitäten können zudem zum sozialen Zusammenhalt und zur gegenseitigen Toleranz verschiedener ethnischer und kultureller Minderheiten führen. Dazu gibt es an vielen guten Schulen Beispiele, die aber immer ein ausreichendes Engagement erfordern.
Nach wie vor gestaltet sich die Integration von moslemischen Mädchen ab der Pubertät in den Sportunterricht problematisch. Viele Lehrer und Lehrerinnen stehen hier vor schwierigen Fragen der Akzeptanz und Toleranz gegenüber unseren ausländischen Mitbürgerinnen. Ihre Integration in den Sport hat zudem Auswirkungen auf alle anderen Schüler und Schülerinnen.
Sport - und Bewegungserziehung in der Schule dienen zudem dem Aggressionsabbau und damit der Vorbeugung von Gewalt in der Schule. Schulsport bietet einen hervorragenden sozialen Ausgleich, da gerade Kinder aus sozial schwachen Familien, die in der Regel an den freizeitlichen Nachmittagsangeboten nicht so stark partizipieren, eine wichtige kompensatorische Gesundheitsvorsorge erhalten.
Die Diskussion um den Sport in der Schule darf zudem nicht ausschließlich unter dem Vorzeichen diskutiert werden, wie viele Sportstunden in den Stundentafeln ausgewiesen sind und ob diese erteilt werden. Sportunterricht in der Schule erfordert genauso die Entwicklung und Sicherung von Qualitätsstandards wie alle anderen Fächer. Dazu muss sich der Sportunterricht ändern. Er muss auf die Lebensverhältnisse und Kultur der Kinder reagieren.
Wichtig ist, dass Schüler und Schülerinnen den Sport in der Schule als Gewinn für sich selbst betrachten, gerne hingehen und mitmachen. Frustrierende Sportstunden prägen Schüler und Schülerinnen zudem fürs ganze Leben und wirken in keiner Weise präventiv.
Sport in der Schule bedeutet auch Bewegungserziehung. Sie muss zur übergreifenden schulischen Aufgabe werden. Zur Ausgleichsbewegung müssen Schüler und Schülerinnen in der Schule tägliche Angebote vorfinden. Bewegte Pausen, Angebote am Nachmittag, aber auch Entspannungs - und Konzentrationsübungen während des "normalen Unterrichts". Gute Schulen haben sich auch hier bereits auf den Weg gemacht, holen sich Hilfe von außen, greifen auf Angebote der Jugendhilfe oder der Vereine oder von Therapeuten zurück. "Dritte kommen in die Schulen."
Aus der Sicht des Bundeselternrat muss die Diskussion um den Schulsport deutlich mehr den Blickwinkel der gesundheitlichen Prävention mit aufnehmen. Sport an der Schule nimmt dabei eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe wahr, die nicht den Einsparungszwängen zum Opfer fallen darf.
Eine frühzeitig einsetzende Erziehung zur Bewegung wirkt präventiv gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und beugt Krankheiten im Halte- und Bewegungsapparat vor. Vorsichtige amerikanische Schätzungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Gesundheitsausgaben um rund 800 Millionen Dollar pro Jahr gesenkt werden könnten, wenn 33Prozent der amerikanischen Bevölkerung regelmäßig Sport treiben würden. Ähnliche Schätzungen dürften auch auf Deutschland zutreffen.
Stellungnahme zu den einzelnen Fragestellungen:
I. Gesundheitszustand der Schüler und Schülerinnen
Nach repräsentativen Untersuchungen kommen rund siebzig Prozent aller Kinder heute mit psycho-somatischen Auffälligkeiten in die Grundschule. Genannt werden:
Haltungsschwächen 60 Prozent, Koordinationsschwächen 40 Prozent, Herz-Kreislaufschwächen 25 Prozent, Übergewicht 20 Prozent, psycho-soziale Auffälligkeiten 15 Prozent (Dr. Günther Vogel, Uni Mainz)
Darüber hinaus werden Wahrnehmungsprobleme in allen sinnlichen Bereichen bei Kindern diagnostiziert. Hinzu kommen Probleme sowohl in der Fein- als auch in der Grobmotorik. Etwa ein Viertel aller Schüler und Schülerinnen zeigt zudem Anzeichen von Hyperaktivismus.
Bewegungsmangel
Trotz des gesellschaftlichen Wohlstands, in dem wir heute leben, waren Kinder noch nie so arm an Möglichkeiten, sich ihre Umwelt über alle Sinne zu erschließen, ihrem angeborenen Bewegungsdrang nachzukommen, sich an den Rand der körperlichen Belastbarkeit zu führen und einfach wie Kinder zu toben, zu balancieren, zu laufen und Rad zu fahren. Für Stadtkinder gibt es kaum Räume, zum sich zu bewegen und zu klettern. Kinder ohne Bewegungsraum haben aber nur wenig Chancen, sich und ihren Körper kennenzulernen. Sie sind damit in der Selbsterfahrung deutlich eingeschränkt. Ihnen fehlen wichtige Primärerfahrungen.
Bereits kleine Kinder verbringen viel Zeit mit Sitzen vor dem Fernseher, dem Computer, sie fahren Auto, Bus, Fahrstuhl. Sowohl zu Hause als auch im Kindergarten oder in anderen Erziehungs- und Betreuungseinrichtungen. Diese Lebensweise findet ihre Fortsetzung in der Schule. Unsere gesamte Umwelt erzieht Kinder und Jugendliche zu bewegungsarmen Menschen. Deshalb muss es in einer modernen und präventiven Konzeption von Schule Anlässe und Räume zum Bewegen geben. Schule hat den Auftrag, Kinder und Jugendliche umfassend zu bilden, dazu gehört auch, ihnen altersgemäße Möglichkeiten der Bewegung und des Sports anzubieten.
Urs Ills, ein Schweizer Sportwissenschaftler, beschreibt die Lebenssituation folgendermaßen:
Sitzen als Belastung umschreibt das Problem
Bewegter Unterricht beschreibt eine Lösung
Bewegte Schule umschreibt eine Aufgabe
Bewegtes Sein muss unser Ziel sein
Sport hat zudem positive Auswirkungen auf die gesamte Leistungsfähigkeit auch von Schüler und Schülerinnen. Die Bedeutung von Sport in der Schule wird deutlich, wenn man die positiven Lernergebnisse sieht, die Kinder, die regelmäßig fünf Stunden Sport in der Woche treiben, gegenüber den Kindern haben, die nur 40 Minuten erhalten. Die erste Gruppe zeigt bei Langzeituntersuchungen deutlich bessere Konzentrationsfähigkeiten und Lernfähigkeiten gegenüber der zweiten Gruppe. Dies belegen amerikanische Studien von Shephard und Lavelle aus 1994.
"Unsportliche" Kinder
Die Akzeptanz des Schulsportes hängt deutlich von der Art und Weise ab, wie er unterrichtet wird ab. Viel zu oft werden gerade bewegungsarme Kinder und Jugendliche durch den Sportunterricht abgeschreckt. Kinder, die nur mühsam an Bewegung heran geführt werden können, erfahren in einem auf Leistung angelegten Sportunterricht ihre Unzulänglichkeiten, die dann häufig auch über die Note bestätigt werden.
Damit grenzt man diejenigen Kinder und Jugendlichen vom Sportunterricht aus, die ihn am nötigsten hätten. Sportunterricht unter dem Blickwinkel "Höher, Schneller, Weiter" erfüllt die Erfordernisse eines modernen Unterrichtes nicht. Sportunterricht kann und darf nicht auf die Förderung von Leistungssport ausgelegt sein. Allen Kindern muss im Sportunterricht erfahrbar gemacht werden, das Bewegung Freude bedeutet, das Wohlbefinden steigert und die eigene Leistungsfähigkeit erkennen und steigern läßt.
Die Anzahl der Atteste, die zum Sportunterricht vorgelegt werden, hängt nicht zuletzt von der Qualität des Unterrichtes ab. Insofern lassen sich Atteste als Indikator für die Qualität des Sportunterrichtes anwenden.
Tatsächlich ist eine steigende Tendenz bei den Eltern zu beobachten, Kinder und Jugend-liche aus oftmals fadenscheinigen Gründen vom Sport zu befreien. Hier existiert ein falsches Verständnis von Leistungsfähigkeit und der Fürsorge für den eigenen Nachwuchs, dem man keine besondere Anstrengung zumuten möchte. Leider wird dieses Verhalten teilweise von Medizinern durch Atteste unterstützt. In solchen Fällen wäre durch gut ausgebildete und qualifizierte Sportlehrer eine Beratung der Eltern angebracht und notwendig.
II. Sport im Fächerkanon
Anzahl der Stunden
Bewegungsbedürfnisse von Kindern lassen sich nicht in drei Stunden Sport erledigen. Deshalb ist für aufgeschlossene Pädagogen längst klar, dass Schulen neben den Sportstunden altersgemäße Bewegungsmöglichkeiten über den Vormittag hin verteilt anbieten müssen. Stichwort: Bewegte Schule. Hier gibt es gute Beispiele. Insbesondere die Hauptschulen haben es für ihr Klientel in der Zwischenzeit verstanden, dass Lernfähigkeit und Belastbarkeit von Schülern und Schülerinnen durch entsprechende Angebote aktiviert werden können. Andere Schulformen könnten hiervon lernen.
Die bewegte Schule darf nicht, was mache irrtümlich meinen, beim Eintritt in die Sekundarstufe I beendet werden. Bewegung ist nicht nur ein Merkmal der Grundschule. Der Schulalltag muss auch in der Sek. I und II den Schülern und Schülerinnen Möglichkeiten schaffen, neben dem stundenlangen Sitzen - auf oftmals ergonomisch katastrophalen Stühlen - täglich bewegungsintensive Phasen einzubauen.
Die rein nummerische Ausweisung der Sportstunden in den Stundentafeln alleine hilft uns nicht weiter. Entscheidend ist die Qualität auch des Sportunterrichts. Sport ist ein Teil der aktiven Gestaltung eines gesunden Schullebens. Dazu gehört auch der fächerübergreifende Unterricht z. B. Sport mit Biologieunterricht, Chemieunterricht, Politikunterricht, aber auch Erkundungsgänge, die zu körperlicher Belastung führen, Wanderungen usw.
Die Diskussion um die dritte oder vierte Sportstunde könnte neue Dimensionen gewinnen, wenn der Gedanke der aktiven Schule stärker Raum greifen würde. Derzeit sind wir aber von solchen Umsetzungen noch Lichtjahre entfernt und müssen vehement um die dritte Sportstunde für alle Kinder und Jugendlichen kämpfen. Dabei verlieren wir in der Diskussion dann manchmal aus den Augen, dass der sport-unterrichtliche Ansatz sich gründlich ändern muss.
Nutzung der Sportstätten
Es ist nicht einzusehen, warum bundesdeutsche Schüler und Schülerinnen die Sporthallen immer nur unter strenger Aufsicht aufsuchen können, diese in den Pausen und nach dem Unterricht nicht mehr zugänglich sind, auf Schulhöfen Laufen und Spielen untersagt ist. Warum können Sporthallen und Sportstätten nicht auch für Spiel und Bewegung während der Pausen und nach dem Unterricht geöffnet sein, wie dies z. B. in Amerika und Kanada möglich ist. Warum können Schüler und Schülerinnen nicht selber Verantwortung für die Nutzung der Sportstätten in den Pausen und nach dem Unterricht übernehmen?
Sport erscheint in Deutschland weniger der Bewegung und der gesund Erhaltung zu dienen als der Umsetzung von rein akademischen Übungen, die sich Sportwissenschaftler ausgedacht haben. Zum Glück lassen neue Rahmenrichtlinien eine veränderte Auffassung vom Sportunterricht erkennen. Nun müssen Lehrer und Lehrerinnen diese Veränderungen allerdings noch in den Schulalltag mit einbringen und umsetzen.
Ausfall von Sportstunden
Der Ausfall von Sportstunden ist nach wie vor relativ hoch. In einigen Schulen wird die dritte Stunde gar nicht erteilt. Dies hat unterschiedliche Ursachen.
- Sport wird generell nur in Doppelstunden erteilt
- Sportstätten, die soweit entfernt liegen, dass eine dritte Stunde aus zeit-ökonomischen Gründen gar nicht in Erwägung gezogen wird
- Fehlende Raumkapazitäten
- Nicht nutzbare Sportstätten, kontaminierte Sportplätze, beschädigte Hallenböden, demolierte Umkleidekabinen usw.
- Unzureichende Lehrerversorgung
- Eltern, die sich vor die Wahl gestellt, Deutsch, Mathematik oder Sport erteilt zu bekommen, gegen Sport aussprechen.
- Schüler und Schülerinnen, die aufgrund schlechter Erfahrungen mit dem Sportunterricht im Zweifel gegen Sport votieren.
- Mangelnde Möglichkeiten, sich nach dem Sportunterricht zu duschen
- Sportlehrer, die aufgrund ihres Alters oder ihres Gesundheitszustandes keinen Sport mehr erteilen wollen oder können
Insbesondere in der Grundschule, den Realschulen und in den Berufsschulen fehlen ausgebildete Sportlehrer und Lehrerinnen. Bei der Berufsschule wird zudem mehr und mehr diskutiert, den Sport ganz ausfallen zu lassen oder ihn aus den Stundentafeln zu streichen. Die Schüler und Schülerinnen unterstreichen diese Forderung, weil sie die Sinnhaftigkeit des dort erteilten Unterrichtes nicht nachvollziehen können.
Auch hier muss bei den Lehrern und Lehrerinnen, aber auch bei den übrigen Beteiligten, ein Paradigmenwechsel stattfinden. Sport in der Berufsschule kann hilfreiche, praktische Unter-stützung zur Anleitung von Entspannungsübungen und Rückenschulung geben.
Alle Überlegungen, zum Zwecke der Schulzeitverkürzung den Sportunterricht in der Sekundarstufe II zu reduzieren oder wegfallen zu lassen - wie in Hessen derzeit angedacht wird, lehnt der Bundeselternrat ab. Derartige Bestrebungen sind mit den beschriebenen positiven Auswirkungen des Schulsports auf die Leistungsfähigkeit von Schüler und Schülerinnen aller Altersstufen nicht vereinbar.
III. Status der Sportlehrer
Arbeitsbelastung
Die Arbeitszeituntersuchung bei den Lehrern in Nordrhein-Westfalen hat an den Tag gebracht, was wir eigentlich schon alle wussten. Sportlehrer und Lehrerinnen arbeiten weniger als Deutsch- und Englischlehrer/innen. Dies wird, wenn die Sportlehrer/innen sich nicht schnellstens um ein neues Image und um andere wirklich wahrgenommene Aufgabenfelder bemühen, dazu führen, dass Sportlehrer und Lehrerinnen mehr Unterricht erteilen müssen. Dies wäre in der Konsequenz jedoch kontraproduktiv. Sie müssten eigentlich andere wichtige Aufgaben in der Schule übernehmen. Durchführung von fächerübergreifenden Einheiten, Beratung von Schülern und Lehrer/innen, Erarbeiten und Durchführung von Konzepten der bewegten und gesunden Schule.
Viele Sportlehrer stellen fest, dass sie mit ihrem Fach in den Schulen nicht “ernst genommen” werden. Sport platziert in der Rangordnung einer akademisch ausgerichteten Gesellschaft und Schule weit hinten. Dies könnte sich ändern, wenn ein neues Bewußtsein zur Rolle der Sportlehrer in der Schule von diesen selber gestaltet und umgesetzt würde.
Derzeit müssen wir ein hohes Durchschnittsalter von annähernd 50 Jahren auch bei den Sportlehrer/innen feststellen. Die Einstellungswellen lagen in den Siebziger Jahren. Bei fortschreitendem Alter können oder wollen manche dieser Kollegen keinen Sportunterricht mehr erteilen. Sie bitten darum, nur ihr zweites Fach unterrichten zu müssen. Auch hier werden entsprechende Atteste vorgelegt. Das führt de facto zu weiteren Ausfall des Sportunterrichts an der einzelnen Schule, da die Schulen keine zusätzlichen Lehrer zugewiesen bekommen.
Fortbildung und Ausbildung
Hinzu kommt, dass sich die im Dienst befindlichen Lehrer und Lehrerinnen zu einem großen Teil dringend nachqualifizieren müssten. Rettungsfähigkeit muß regelmäßig nachgewiesen werden. Leider fehlt aber die verpflichtende sonstige Fortbildung. Gerade zur Einführung neuer Ansätze muss Fortbildung regelmäßig wahrgenommen werden. Da dies nicht der Fall ist, ist der Unterricht oftmals entsprechend schlecht.
Zukünftige Lehrer und Lehrerinnen sollten zudem bereits in der ersten Ausbildungsphase Praktika in der Schule und im Verein absolvieren. Nach Vorstellung des Bundeselternrats sollte der universitären Ausbildung mindestens ein halbes Jahr praktische Erfahrung vorgeschaltet sein. Zukünftige Sportlehrer müssen in der Ausbildung Konzentrationstraining, Rückenschulung, Entspannungsübungen lernen sowie Kenntnisse in der Motivations-psychologie, Lernpsychologie, Medizin erwerben.
In den letzten Jahren sind jedoch Ausbildungskapazitäten an den Hochschulen abgebaut worden, so dass zu befürchten ist, dass den Pensionierungswellen, die in absehbarer Zeit einsetzen werden, nicht mit entsprechenden Neueinstellungen begegnet werden kann. Viele bisher ausgebildete Lehrer und Lehrerinnen haben zudem in der Zwischenzeit eine andere Anstellung gefunden oder stehen aus anderen Gründen nicht mehr für die Schule zur Verfügung.
Verändertes Selbstverständnis
Sport in der Schule benötigt ein verändertes Selbstverständnis von Sportlehrern. Diese müssen im Schulbetrieb auch als Gesundheitsberater, Coach für andere Lehrer und Lehrerinnen, als Berater für die bewegte und gesunde Schule, als Mitgestalter von Fächer übergreifendem Unterricht und als qualifizierte Ansprechpartner für Eltern, Schüler und Schülerinnen in Fragen der Gesundheitserziehung zur Verfügung stehen. Sie müssen auch in der Lage sein, bestimmte diagnostischer Fähigkeiten ausüben und diese in die Beratung von Schüler und Eltern mit einzubringen. Das bedeutet einen erheblichen Rollenwechsel.
Sportlehrer und Lehrerinnen dürfen keine Randfiguren in der Schule sein, sondern müssen und sollen den Schulalltag nach den Grundsätzen einer gesunden Schule aktiv mit gestalten. Dazu gehört auch, dass sie die Chancen nutzen, auch auf Elternabenden präsent zu sein.
IV. Bedeutung des Schulsports im Rahmen der Talentfindung und Nachwuchsförderung
Aufgabe und Ziele des Spotunterrichts
Im Rahmen eines veränderten Sportunterrichtes in der Schule müssen alle Schüler und Schülerinnen ein grundlegendes Wissen über gesunde und sichere Lebensführung vermittelt bekommen. Ein guter Sportunterricht ist zudem kindgerecht. Er entspricht dem Bewegungsdrang von Kindern und Jugendlichen und wirkt nicht über Zensuren. Er zeigt jedem Kinde, dass es etwas leisten kann. Die geforderten Aktivitäten sollten deshalb der Geschwindigkeit und der Leistungsfähigkeit des Schülers angepaßt sein. Sportunterricht schafft ein Lernklima, in dem positive Erfahrungen von allen Schüler/innen gemacht werden können. Gleichberechtigung, Friedenserziehung, interkulturelle Fähigkeiten können zudem durch den Sport in hervorragender Weise vermittelt werden.
Aus Sicht der überwiegenden Mehrzahl der Eltern ist es keine vorrangige Aufgabe des normalen Sportunterrichts, Talentfindung oder gar Förderung des Leistungssports zu praktizieren. Talente, die im Sportunterricht auffallen, können in Kooperation von Schule und Verein oder andern Stellen gefördert werden. Sport-Arbeitsgemeinschaften bieten die Möglichkeit zur Förderung leistungsstärkerer Schüler, aber auch hier kann Leistungssport keine Aufgabe der allgemeinen Schule sein.
Schulen mit sportlichem Schwerpunkt
Aus der Sicht des Bundeselternrates ist es durchaus sinnvoll, Schulen mit sportlichem Schwerpunkt anzubieten. Allerdings dürfen diese Schulen keine Kaderschmieden sein. Sie müssen sich zum Umfeld öffnen und damit ein größtmögliches Maß an Normalität für alle Kinder garantieren. Kinder und Jugendliche, die aus der Begabtenförderung herausfallen, müssen zudem die Möglichkeit erhalten, diese Schulen auf Wunsch weiterhin besuchen und in den angegliederten Internaten verbleiben zu können.
Kinder und Jugendliche, die der Talentförderung unterliegen, haben immer wieder lange Unterbrechungszeiten durch Wettkampfreisen und Trainingslager, die durch adäquate Hilfen und individuelle Förderung ausgeglichen werden müssen.
Besser als Schulen mit sportlichem Schwerpunkt scheinen zudem Konzepte zu sein, Kinder und Jugendliche solange wie möglich “normale” Schulen besuchen zu lassen, die dann auf bestimmte Trainingsnotwendigkeiten Rücksicht nehmen und individuelle Hilfen anbieten. "Partnerschulen im Leistungssport". Da diese Schulen aus Sicht des Bundeselternrats eine deutlich integrative Aufgabe erfüllen, fordert der Bundeselternrat Schulen mit entsprechenden Angeboten zu fördern und Kooperationsmodelle auszubauen.
Kooperationsmodelle Schule und Verein
Kooperation von Schulen mit Sportvereinen darf nur außerhalb des regulären Unterrichts stattfinden. Sie darf nicht den Sportunterricht ersetzen. Außerdem dürfen Übungsleiter nicht als Sportlehrer eingesetzt werden. Negative Beispiele hierfür liegen vor. Außerunterrichtliche Angebote können eine sinnvolle Brückenfunktion zwischen Schule und Vereinssport einnehmen. Wünschenswert sind solche Angebote, die Kinder und Jugendliche in der Kooperation mit der Schule nutzen können wie z. B. Angebote in Hockey, Tennis, Fechten, Einradfahren usw.
Insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit ganztägiger Angebote in den Schulen ist eine Kooperation von Schule und Verein in diesem Sinne sehr wünschenswert.
Quelle: Bundeselternrat
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