Amsterdam, 18. August 2003, Mittagspause (13:30-15:30 Uhr)
Liebe Freunde und Fans der Damen-Nationalmannschaft!
Mittlerweile sind wir fast zwei Tage in Amsterdam. Den restlichen ersten Tag haben wir, wie ich mir schon dachte, mit einer Trainingseinheit verbracht. Als wir uns fast alle so nach und nach bis 14:00 Uhr im Novotel eingefunden hatten, gab es erst einmal Mittagessen und danach war Freizeit angesagt, die wir ganz unterschiedlich gestalten konnten. Die Meisten von uns zog es raus zum Wagner-Stadion in Amstelveen, um schon einmal etwas Hockeyluft beim Champions Trophy-Spiel zwischen Indien und den Niederlanden zu schnuppern. Die Anderen trudelten erst etwas später im Hotel ein und die Lerngruppe mit Conny und Badri (unsere zwei Medizinstudentinnen) machte es sich im Zimmer „gemütlich“. Leider hatten wir zu diesem Zeitpunkt nur drei Zimmer, da die anderen noch nicht fertig waren, aber im Teilen sind wir ja über die Jahre hinweg geübt.
Bis zum Abend beim Training waren wir immerhin 16 Spielerinnen. Franzi war noch in Köln, um fleißig zu lernen, da sie in einer Woche zur Prüfung darf und Taschi wird erst ab Dienstagabend ins Geschehen eingreifen, da sie vorher ihre letzte Abschlussprüfung ablegen muss. Taschi, wir drücken Dir morgen früh, um 8:45 Uhr alle ganz fest die Daumen!!! Ja, so ist dass, wenn man sich einen Sport aussucht, mit dem man kein Geld verdienen kann. Aber wir möchten uns gar nicht beschweren, denn wir hatten in den letzten Stunden schon wieder viel und unvergesslichen Spaß.
Gleich in den ersten Minuten unseres Zusammentreffens trug sich folgende Begebenheit zu: Pindi kam diesen Lehrgang mit neuen Schuhen an, die sie uns gleich beim Essen vorführt. Ein verführerisches dunkelblaues Leder, einfach Schuhe wie Carola, wusste Pindi ihre neue Fußbekleidung zu präsentieren. Mit einem kleinen Unterschied, die Schmuckstücke kosteten unsere Frau Barth nur 9,95 Euro – wie die von Carola ;-) .
Der gestrige Tagesablauf unterschied sich kaum vom Standard, der ja mittlerweile auch den noch Hockeyanfängern unter den Lesern bekannt sein dürfte: 7:45 Uhr aufstehen, Frühstück, rein in die Hockeyklamotten und mit dem Shuttle zum ersten Training. Man muss wissen in den Niederlanden ticken die Hockeyuhren etwas anders, d.h. nicht, dass der Shuttle uns zu spät abgeholt oder so, nein, hier ist alles perfekt organisiert. Alle Mannschaften der Herren Champions Trophy und des 4-Nationen-Turniers (10 Teams!) incl. Offizielle sind im Novotel untergebracht. In der Eingangshalle gibt es eine eigene Rezeption und Informationsstand nur für die Mannschaften und überall schwirren Helfer rum. Wir haben einen eigenen Speisesaal, so dass wir Hockeyleute unter uns sind. Die deutschen Hockeyherren wohnen mit uns auf einem Gang und so geht das immer weiter. Am Stadion stehen in allen Ecken Helfer oder Ordner. Hier kommen aber auch nicht nur wenige 1000 Leute zum Hockey, sondern so richtig viele. Das Wagner-Stadion ist um 2000 Plätze für dieses Turnier erweitert worden, d.h. auf 9000 Plätze. Nur um mal eine Dimension für diese Veranstaltung zu bekommen: Es gibt 3 Hauptsponsoren, 3 Sponsoren von der FIH (Internationaler Hockey-Verband), 17 Sponsoren und 7 Event-Sponsoren. Summa summarum sind das 30 Sponsoren. Klar, da es da von den 7 Parkplatzmöglichkeiten für die Zuschauer kostetenlose Shuttlebusse zum Stadion gibt. Kurz gesagt: Hier tanzt der Bär!!! In diesem Stadion vor vollem Haus, auch wenn es zum Großteil Holländer sind, zu spielen, ist ein Vergnügen für jeden Hockeyspieler.
Leider kommt so eine Kulisse nur all zu selten in Deutschland zustande, aber daran können wir ja alle etwas ändern. Also, beim nächsten Bundesliga- oder Länderspiel das vor Eurer Haustür stattfindet, raus, hin und zu jubeln.
Das erste Training nutzen vor allem Carola und Jojo, um wie so oft, fleißig ihre Runden auf dem Kunstrasen zu drehen, während wir uns mit Ball und Schläger abkämpften. Jojo hat allerdings den Sprung in die Hockeyweltelite gewagt. Noch ist er wirklich blutiger Anfänger, der zwar schon viele Hockeyspiele gesehen, aber selbst noch nie den Schläger geschwungen hat. Markus wusste das zu ändern, während wir ausliefen. Jojo kann mittlerweile nicht nur Schlagen und Dribbeln, seit gestern morgen versucht er sich sogar schon im Schlenzen. Ein echtes Naturtalent unser Jojo – unglaublich. Dank seiner großen Gabe hat er es auch schon geschafft den Ball über den Torzaun zu schlenzen und direkt in den künstlich angelegten Bach. Wer selbst noch Anfänger ist, weiß wie schwer es ist, innerhalb von wenigen Minuten!!! den Ball so hoch zu bekommen. Sei Ziel ist es am Ende der Woche vom Schusskreisrand aus, hoch über den Torzaun zu schlenzen und sogar noch ein bisschen höher auf das Klubhausdach der Anlage. Daher läuft Jojo in den Trainingseinheiten etwas weniger mit Carola und übt stattdessen mehr schlenzen. Er nutzt aber auch alle Ressourcen aus, um sein Ziel zu erreichen. Der Psychologe und Tipps von erfahrenen Leuten zieht er zu rate, um nichts den Zufall zu überlassen. 5 Bälle hat er nur zur Verfügung, um den Ball so hoch und weit zu bekommen. Jojo, wir glauben fest an Dich!!! Du schaffst das!!! Selbst von uns, würden noch nicht einmal alle diese Aufgabe erfüllen können, aber so ein Talent wie Du, der lernt auch mit 31 noch innerhalb von einer Woche weit und hoch zu schlenzen. Unsere Unterstützung hast Du.
Marly (Marion Rodewald), unsere neue Starfotografin im Team, hat Jojo auch direkt mit der Mannschaft der Niederlande abgelichtet. Am Eingang des Stadions sind zwei Megaposter der niederländischen Damen und Herren aufgestellt, bei denen ein Kopf durch ein Loch ersetzt wurde. Wenn man durch dieses hindurchschaut, kann man sich im Team der Niederländer fotografieren lassen. Eine schöne Erinnerung, zu mindestens für holländische Kinder. Willi, unser Co-Trainer, hat es eher bevorzugt, sich im Kreis der Hockeydamen ablichten zu lassen. Im Moment arbeiten wir noch hart daran, Euch die Fotos auch im Netz präsentieren zu können. Wir hoffen, es gelingt uns bald, Euch nicht nur mit Berichten und lustigen Geschichten auf dem Laufenden zu halten, sondern auch mit Bildern.
Nach der ersten Trainingseinheit mussten wir leider zurück zum Hotel, um Mittag zu essen und uns etwas auszuruhen. Denn im Anschluss an unser Training spielten unsere U21-Mädels gegen die Niederlande. Markus blieb allerdings auf der Anlage und beschrieb uns später kurz und knapp den Spielverlauf: Hase (nicht unser Haasi) spielte gegen Schlange, Hase dachte ich versteck’ mich, damit mich die Schlange nicht frisst, aber leider fraß die Schlange den Hasen, allerdings nur in der ersten Halbzeit. An dem 0:3 Halbzeitrückstand konnten unsere Juniorinnen leider nichts mehr in der zweiten Hälfte ändern, aber sie konnten zeigen, dass das Hase-Schlange-Spiel nicht ihr Standard ist, sondern das wir Deutschen mit den orangenen Gegnern gut mithalten können. Heute werden die Mädels es ganz sicher besser machen und sich nicht das Butterbrot schon in den ersten 35 Minuten aus der Hand nehmen lassen. Leider können wir das heutige Spiel, wieder nicht sehen, da wir ja selbst um 19:30 Uhr gegen die Niederländerinnen unser erstes Turnierspiel bestreiten dürfen. Gestern konnten wir allerdings zusammen mit unserem C-Kader (U21) die deutschen Herren gegen Indien anfeuern und beinah ja auch mit Erfolg. Na ja, an erster Stelle mal ein riesengroßes Lob an die Jungs, die eine wirklich tolle Mannschaftsleistung auf das Parkett gelegt haben. Damit hätte wohl niemand hier vom internationalen Verband gerechnet. (Für alle nicht so Informierten: Im Vorfeld der Herren Champions Trophy gab es einige Kritik, da der Weltmeister mit einer sehr jungen und international noch nicht sehr erfahrenen Truppe anreiste und nicht mit dem späteren EM-Kader. Das ist aber auch alles auf der DHB-Seite nachzulesen.) Gegen Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters lässt sich leider nichts mehr machen und so haben unsere Jungs, in meinen Augen, mehr als unverdient verloren.
Nach dem Spiel hatten wir mal wieder Training. Zeit für Jojo seinen Schlenzer zu verbessern und mit Carola Runden zu drehen. Nach der Trainingseinheit waren wir alle ziemlich müde und nach dem Essen dauerte es auch nicht lange, bis wir alle im Bett lagen, denn der Wecker klingelte heute früh um 7:30 Uhr. Um 9:00 Uhr war schon wieder Training. Auf der einen Seite wurden Kurze Ecken mit Markus geübt und auf dem anderen Schusskreis heizte Willi uns mit seinen kreativen Stürmerübungen so richtig ein. Als Gegner bekamen wir keine Hütchen oder Stangen, sondern eine aktive Mülltonne. Mülltonne? Oskar aus der Mülltonne von der Sesamstraße? Nein, Willi mit der Mülltonne im Schusskreis. Wir mussten ganz schön wendig, geschickt und schnell sein, um diesem Gefährt aus dem Weg zu gehen. Willi ließ den Deckel immer wieder wie ein Maul auf- und zugehen, aber keine Chance, wir ließen uns von diesem Ungetüm keine Angst einjagen. Nach schon einer Stunde Training durften wir auslaufen. Fazit des Trainings: Ein Ball weniger, Dank einer guten Eckenabwehr von Zwehlo gegen meinen Schuss, der direkt die einzige Lücke in der Plane der Tribüne nutzte, um über das Gestrüpp bis mal wieder in den Bach zu fallen (eine anderer allerdings als Jojos Ball). Leider habe ich ihn nicht wieder gefunden. Willi will es vielleicht am letzten Tag noch einmal mit Tauchanzug versuchen, ihn aus dem Sumpf zu fischen.
Nach dem Training war ich stolz wie Schmitz Uschi… hä? Oder war es doch Schmitz Oskar, Jojo? Pindi war klar der Meinung, dass das entweder „stolz wie Oskar“ oder „Schmitz Katze“ heißt, wo sie wohl auch recht hat. Ich kann auf jeden Fall was, was Fanny und Marion nicht können! Was das ist? Das wüsstet ihr gerne, aber ihr könnt Euch ja mal bis morgen Gedanken machen, dann werde ich das Rätsel auflösen. Viel Spaß beim Raten. Noch ein kleiner Tipp: Es hat nichts mit Hockey zu tun und so toll ist es auch nicht.
In der Zwischenzeit haben wir eine Videobesprechung gehabt, direkt auf dem Vorplatz des Aufzuges im 9. Stock. Zwischen den Hockeybildern haben wir immer wieder nette Männer der deutschen Herren-Nationalmannschaft zu Gesicht bekommen, die durch das Bild gelaufen sind oder anderen Hotelgäste und der Mitropa-Mann der Deutschen Bahn kam auch mit seinem Wagen vorbei. Wie sich der Mitropa-Mann zu uns verirrt hat? Dieter Schürmann (Manager der Herren) kam gerade vom Einkaufen für die Jungs und hatte alle Leckereien auf einen Wagen gestapelt, so dass er dem berühmten Mann aus den Zügen der Deutsche Bahn doch zu verwechseln ähnlich sah. Wir hoffen, die folgenden Videobesprechungen werden genauso lebhaft, aber auch lehrreich, damit wir uns hier im Turnier weiterentwickeln und bis zur EM ein schlagkräftiges Team werden, das sich von nichts aus der Ruhe bringen lässt.
Heute Abend um 19:30 Uhr können wir ja direkt ein Grundstein legen. Wir freuen uns auf jeden Fall schon alle auf die orangene Kulisse und ein hoffentlich gutes Spiel.
Also, Daumendrücken nicht vergessen oder rein ins Auto und ab nach Amstelveen. Wer die Spiele live miterleben will oder noch Informationen rund um die zwei Turnier haben will, kann alles auf www. Championstrophy.nl nachlesen. Wer sich nicht an die Fanmail rantraut, kann uns natürlich auch persönlich auf unsere bekannte Adresse damenhockeyteam@gmx.de schreiben.
Es grüßt Euch
die, die etwas kann, was Fanny und Marly nicht können
:-) Denise
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